Angiogenese spielt eine sehr wichtige Rolle im Rahmen der Tumorprogression und Metastasierung. Blutgefäße in Tumoren sind oft leck und fragil und die Endothelzellen benötigen zum Überleben VEGF. Auf dieser Beobachtung beruhen die meisten derzeit verfügbaren anti-angiogenen Behandlungsstrategien. Reife Blutgefäße sind einer anti-angiogenen Therapie dagegen kaum zugänglich. Deshalb ist es von großer Relevanz den Gefäßstatus in soliden Tumoren zu untersuchen und Mechanismen, die zu einer Gefäßreifung führen, aufzudecken. Im Rahmen unserer früheren Studien konnte gezeigt werden, dass Fibroblasten in vitro die Bildung tubulärer Endothelzell-Strukturen unterstützen und unter bestimmten Umständen in einen Myofibroblasten/Perizyten-ähnlichen Phänotyp differenzieren. Die Perizytenbedeckung der Blutgefäße reflektiert eine Blutgefäßreifung. Ferner produzieren Fibroblasten sowohl pro- als auch anti-angiogene Faktoren und spielen somit sowohl für die Proliferation der Endothelzellen als auch für die Reifung der neu gebildeten tubulären Strukturen eine wichtige Rolle. Trotzdem ist die Rolle der Fibroblasten für die Tumorangiogenese bisher noch weitgehend unverstanden. Der Fokus der aktuellen Untersuchungen lag auf dem Kolonkarzinom, da diese eine besonders hohe Variabilität in der Ausbildung eines reaktiven, bindegewebsreichen Stromas zeigen. Diese Fibroblasten- und ECM dominierte Stromareaktion wird als Desmoplasie bezeichnet. Im Rahmen der vorliegenden in situ Studie wurden 52 G2/G3 Kolonkarzinome zunächst durch zwei unabhängige Pathologen auf Basis von Hämatoxylin/Eosin und Elastica van Gieson Färbungen in Desmoplasie Grad I (gering: 17/52), Desmoplasie Grad II (mittelgradig: 21/52) und Desmoplasie Grad III (hoch: 14/52) eingeteilt. An diesen Kolonkarzinomen wurden immunhistochemische und Immunfluoreszenz-Färbungen u.a. mit Antikörpern gegen CD31, Podoplanin und PDGFR-ß durchgeführt und konsekutiv die Vaskularisation in verschiedenen Tumorregionen (Peripherie, Desmoplasie, Invasionsfront) und im angrenzenden Normalgewebe morphometrisch analysiert. Es wurden die Anzahl der Blutgefäße, die von Blutgefäßen bedeckte Fläche sowie der Anteil der von PDGFR-ß positiven Zellen umgebenen Blutgefäße in „Hotspots“ als Surrogatmarker für Perizytenbedeckung und Gefäßreifung bestimmt. Dabei zeigte sich, dass Desmoplasie Grad III Tumoren signifikant weniger Blutgefäße und eine kleinere von Blutgefäßen bedeckte Fläche aufweisen als Tumoren mit einem niedrigem Desmoplasie Grad. Ferner zeigte sich, dass Blutgefäße in hochdesmoplastischen Tumoren signifikant häufiger von Perizyten umgeben sind. Dagegen bestand zwischen Desmoplasie Grad und Lymphgefäßen keine Korrelation. Die Ergebnisse der in situ Untersuchungen implizieren, dass ein hoher Desmoplasie Grad in Kolonkarzinomen mit einer Rekrutierung von Perizyten um Blutgefäße bzw. einer Differenzierung von Fibroblasten in Perizyten assoziiert ist. Auf Basis dieser Beobachtungen erfolgt die Entwicklung eines subkutanen humanen Kolonkarzinom-Xenograft Modells in NMRI nu/nu Mäusen, welches das in vivo Monitoring von Blutgefäßen und des Einflusses von Fibroblasten ermöglichen soll. Dazu wurden zunächst verschiedene Zellzahlen dreier Kolonkarzinom Zelllinien (HCT-116, HT29 und LS174T) in die hinteren Extremitäten von NMRI nu/nu Mäusen injiziert. Alle Zelllinien bildeten Tumore. Aufgrund verschiedener, u.a. morphologischer Charakteristika der Xenograft-Tumoren erfolgten weiterführende Etablierungsarbeiten mit der Zelllinie HCT-116. In ersten Experimenten wurde der Einfluss von Fibroblasten auf die Tumorbildung durch eine Koinjektion von HCT-116 Zellen mit einer hohen Anzahl humaner Hautfibroblasten dokumentiert. Dabei zeigte sich, dass Fibroblasten die Tumorbildung im gewählten in-vivo Modell signifikant beschleunigen. Zusammenfassend implizieren die Beobachtungen unserer Studie, dass stromale Fibroblasten einen entscheidenden Einfluss auf die Tumorangiogenese und Tumorprogression beim Kolonkarzinom nehmen.