Rofo 2009; 181(10): 1022
DOI: 10.1055/s-0029-1241968
ÖRG-Mitteilungen

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Facharztmangel in der Radiologie - Droht eine Versorgungskrise?

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Publication Date:
02 October 2009 (online)

 

Die diagnostische und interventionelle Radiologie in Österreich erfreut sich höchster Qualität. Krankenhäuser (stationärer Bereich) sind üblicherweise mit Schnittbildmodalitäten ausgestattet. Viele Ordinationen (niedergelassener Bereich) stehen in einem Verbund mit Schnittbildzentren. Die Ausbildung zum Facharzt für Radiologie umfasst ein klinisches und 5 fachspezifische Jahre und wird mit einer sehr anspruchsvollen Facharztprüfung abgeschlossen. Diese besteht aus einem schriftlichen und mündlichen Teil sowie einer praktischen Befundung von Fällen aus allen Teilgebieten der diagnostischen und interventionellen Radiologie.

Die Entwicklung der Radiologie in den letzten Jahrzehnten mit der Etablierung von CT und MRT hat die Bildgebung zu einem der wichtigsten Säulen der medizinischen Diagnostik gemacht. Es gibt wohl nur wenige Krankheitsbilder, die ohne eine Bildgebung diagnostiziert werden können. Die interventionelle Radiologie hat sich für viele Krankheiten zu einer der "first line" und Standardtherapien entwickelt. Dementsprechend ist der Bedarf an Fachärzten für Radiologie sowohl in Krankenhäusern als auch Ordinationen überproportional gewachsen.

In der Ausbildung des Nachwuchses ist nun mit dem Ärztegesetz 1998 und mit der Novellierung 2009 ein Problem erwachsen, das sich für die Radiologie als gravierend erweisen könnte:

- In § 10. Abs. 2 wird gefordert, dass die Ausbildungsstelle "nach Inhalt und Umfang den in Ausbildung stehenden Ärzten die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen jeweils auf dem gesamten Gebiet vermittelt" und dass die Ausbildungsstelle "über alle zur Erreichung des Ausbildungszieles erforderlichen fachlichen Einrichtungen und Geräte... verfügt." Dies beinhaltet jedoch, dass gewisse Ausbildungsstellen nur eine Teilausbildung anbieten können und die jungen Kollegen ihr Fach in anderen Zentren auf einer offiziellen Ausbildungsstelle ergänzen müssen.

- In §10. Abs. 3 wird gefordert, dass "die Zahl der Ausbildungsstellen die Zahl der .... Fachärzte des betreffenden Sonderfaches... nicht überschreiten darf".

Der § 10 des Ärztegesetzes beinhaltet zweifelsohne einen Qualitätsanspruch an die Ausbildung und Gesundheitsversorgung. Dies ist prinzipiell auch im Interesse der Radiologie. Tatsächlich beteiligen sich aber nur die Krankenanstalten (stationärer Bereich) an der Ausbildung von Radiologen. Der niedergelassene Bereich (Ordinationen und Schnittbildzentren) saugt eine große Zahl an Fachärzten aus den Spitälern ab, trägt jedoch aufgrund der gesetzlichen Regelung offiziell nur mit maximal 12 Monaten Wahlfach zur Ausbildung bei.

Diese Regelung könnte nun tatsächlich fatale Folgen haben: Die Krankenanstalten verlieren mit den abgehenden Fachärzten auch die Ausbildungsstellen, sodass trotz gesteigerten Bedarfes die Ausbildung des Nachwuchses reduziert wird. Betroffen sind bereits universitäre Einrichtungen mit guten Karrierechancen für ausgebildete Fachärzte und demzufolge starker Personalfluktuation. Früher oder später kann jede Abteilung betroffen sein. Wenn letztendlich weniger Fachärzte zur Verfügung stehen, wird die Gesundheitsversorgung im stationären und niedergelassenen Bereich in Mitleidenschaft gezogen.

Was tun? Die Radiologie ist aufgrund des raschen Wachstums und der Weiterentwicklung des Faches und des großen Facharztbedarfes weltweit von dieser Entwicklung besonders betroffen. Um Nachteile für die Basisversorgung der Bevölkerung zu verhindern, wäre es ratsam, dass die Radiologie als "Mangelfach" von der Regelung des § 10. Abs. 3 ausgenommen wird.

Walter Hruby, Präsident der ÖRG

Christian Herold, Vorstand der Universitätsklinik für Radiologie, MUW; Präsident der European Society of Radiology

Johannes Lammer, stellv. Vorstand der Universitätsklinik für Radiologie, MUW

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