Gesundheitswesen 2009; 71(11): 753-754
DOI: 10.1055/s-0029-1241795
Kommentar

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

MRE – Netzwerkbildung in Bayern

Multi-drug-resistant Pathogens – Networking in BavariaB. Liebl1 , I. Hahntow1 , C. Höller2 , C. Herr2
  • 1Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, München
  • 2Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Sachgebiet Hygiene Oberschleißheim
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Publication Date:
23 November 2009 (online)

Multiresistente Erreger (MRE) gewinnen an Bedeutung. So hat sich beispielsweise der Anteil Methicillin-resistenter Staphylokokkus aureus-Isolate aus Blutkulturen in Deutschland von 1999 bis 2005 von 8 auf 21% fast verdreifacht (Daten des European Antimicrobial Resistance Surveillance System; EARSS). Deutschland liegt damit im europäischen Vergleich im Mittelfeld. Dies darf jedoch keinesfalls Anlass für nachlassende Anstrengungen, einen weiteren Anstieg zu vermeiden, oder gar für eine Entwarnung sein.

Die Zunahme von Resistenzen im Humanbereich ist vor allem im breiten und unkritischen Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin begründet. Dadurch kommt es vermehrt zum Auftreten von Krankheitserregern, die nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr antibiotisch therapiert werden können. Neben den Methicillin-resistenten Staphylokokken (MRSA) betrifft dies auch immer mehr andere Erreger, wie z. B. Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) oder ESBL-bildende (ESBL=Extended-Spectrum β-Lactamase) Enterobacteriaceae. Haben sich MRE in einem Bereich epidemisch ausgebreitet, ist ihre Bekämpfung besonders aufwendig und teuer. Zudem besteht die Gefahr der Weiterverbreitung auf andere Bereiche, Kliniken, Praxen oder Pflegeeinrichtungen. MRE sind längst kein bloßes Problem der Krankenhäuser mehr. Daher ist neben einem kritischen und an Leitlinien orientierten Antibiotikaeinsatz das Augenmerk besonders auf Präventionsstrategien (Hygiene) zur Vermeidung der Übertragung von MRE zu richten.

Krankenhausinfektionen lassen sich, wie wir wissen, nicht komplett vermeiden. Dennoch können durch entsprechende Maßnahmen 20–30% verhindert werden. Der konsequente Schutz der Patienten vor nosokomialen Infektionen in Krankenhäusern und anderen medizinischen und pflegerischen Einrichtungen sowie die Reduktion des Vorkommens von MRE ist dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (StMUG) ein zentrales Anliegen.

Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) regelt mit seinem § 23 die Aufzeichnungspflicht der Krankenhäuser und der Einrichtungen für ambulantes Operieren bezüglich des Auftretens von nosokomialen Infektionen und multiresistenten Erregern. § 36 schreibt die infektionshygienische Überwachung vor. In Bayern sind dafür fünf kommunale und 71 staatliche Gesundheitsämter (als Teil der Landratsämter) zuständig. Im Rahmen der Erfüllung dieses gesetzlichen Auftrages wurde in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) das „Konzept zur infektionshygienischen Überwachung von medizinischen und sonstigen Einrichtungen durch die Gesundheitsämter in Bayern” erarbeitet. Das Konzept, welches von einem Fortbildungsprogramm flankiert wird, sieht verschiedene Schwerpunktüberwachungen vor, deren qualitätsgesicherte Durchführung hohe Vollzugsstandards gewährleistet. Im Frühjahr 2008 wurde das erste Schwerpunktprojekt „Präventionsstrategien zur Vermeidung der Übertragung von Methicillin-resistenten Staphylokokken (MRSA) und anderen krankenhaushygienisch relevanten Erregern in bayerischen Kliniken” gestartet. Mittels einer speziellen Checkliste erfassen die Gesundheitsämter das Hygienemanagement und die Präventionsstrategien in den Kliniken und beraten diese entsprechend. Ergebnisse dieser Aktion werden im vorliegenden Heft dargestellt.

Für eine wirksame Prävention zur Verhinderung der Weiterverbreitung von multiresistenten Erregern ist es unerlässlich, dass bestehende Richtlinien, wie z. B. die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am Robert Koch Institut (RKI), tatsächlich umgesetzt werden und dass alle an der Patientenversorgung Beteiligten eng zusammenarbeiten. Eine Beschränkung von Präventionsmaßnahmen auf das Krankenhaus allein ist nicht ausreichend. Regionale Netzwerkbildungen erleichtern die notwendige Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure wie Krankenhäuser, niedergelassene Ärzteschaft, Transportwesen, Alten- und Pflegeheime. Die 79. Gesundheitsministerkonferenz der Länder hat daher die ausdrückliche Empfehlung zur Bildung regionaler Netzwerke, koordiniert durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), beschlossen. Der ÖGD als flächendeckend regional organisierte Struktur nimmt aufgrund seiner gesetzlich fixierten Überwachungs- und Beratungsaufgaben in Fragen der Hygiene für die genannten Einrichtungen ohnehin schon eine zentrale Rolle ein.

Den Auftakt für die bayerische Netzwerkbildung bildete das Symposium „MRSA – Netzwerkbildung in Bayern” am 03.12.2008 in Oberschleißheim bei München. Die Veranstaltung fand mit über 300 Teilnehmern regen Zuspruch. Hierbei wurde auch ein bayerisches Konsensuspapier verabschiedet, mit dem sich Experten, Verbände und Institutionen zur engen Kooperation mit dem gemeinsamen Ziel der Reduktion von MRSA und anderen antibiotikaresistenten Erregern bekennen. Zudem bietet dieses Konsensusstatement neben den Ergebnissen des o. g. ersten Schwerpunktprojektes und den jeweils konkreten Gegebenheiten vor Ort die inhaltliche Grundlage für die regionale Vernetzung unter Federführung der Gesundheitsämter im Jahr 2009. Hierfür sollen Runde Tische eingerichtet werden. Diese können im Einzelfall auch genutzt werden, andere infektiologische Themen zu behandeln oder auch gemeinsam von mehreren Gesundheitsämtern koordiniert werden.

Die wirksame Bekämpfung antibiotikaresistenter Erreger erfordert den kontrollierten Antibiotikaeinsatz ebenso wie ein konsequent durchgeführtes Hygienemanagement. Ein nachhaltiger Erfolg dieser Maßnahmen setzt die Kooperation und Vernetzung aller an der Patientenversorgung beteiligten Institutionen voraus.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. B. Liebl

Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit

Rosenkavalierplatz 2

81925 München

Email: bernhard.liebl@stmug.bayern.de

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