Suchttherapie 2009; 10 - PO05
DOI: 10.1055/s-0029-1240438

Der Einfluss wiederholter Entzugsbehandlungen auf die kognitive Leistungsfähigkeit alkoholabhängiger Patienten

S Löber 1, T Duka 2, H Welzel 1, A Heinz 3, H Nakovics 1, H Flor 4, K Mann 1
  • 1Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Universität Heidelberg, Mannheim
  • 2Laboratory of Experimental Psychology, Department of Psychology, University of Sussex, Brighton, Großbritanien
  • 3Charité, Psychiatrische Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Charité Campus Mitte, Berlin
  • 4Institut für Neuropsychologie und Klinische Psychologie, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Universität Heidelberg, Mannheim

Hintergrund: Frühere Studien haben eine Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit alkoholabhängiger Patienten gezeigt. Der wiederholte Entzug von Alkohol könnte aufgrund der im Entzug zu beobachtenden überschießenden glutamatergen Neurotransmission hierbei eine wichtige Rolle spielen. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob der wiederholte Entzug von Alkohol mit einer Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit assoziiert ist.

Methode: Die kognitive Leistungsfähigkeit von 48 alkoholabhängigen Patienten wurde mit einer Gruppe von 36 gesunden Kontrollen verglichen, um zunächst zu überprüfen, ob sich in der Gruppe der Patienten Beeinträchtigungen nachweisen lassen. Dann wurde in Anlehnung an Duka et al. (2003) die Patientengruppe in eine Gruppe mit weniger als 2 bisherigen Entzugsbehandlungen (LO-detox group, n=27) und eine Gruppe mit zwei oder mehr bisherigen Entzugsbehandlungen (HI-detox group, n=21) unterteilt. Die Testung der kognitiven Leistungsfähigkeit umfasste eine Batterie von Tests, die sensitiv zur Erfassung präfrontaler Defizite sind.

Ergebnisse: Alkoholabhängige Patienten erzielten eine schlechtere Leistung im Hinblick auf den Leistungsindex “Aufmerksamkeit/Executive Funktionen“, der beispielsweise den Trial Making Test-B und den Wisconsin Card Sorting Test beinhaltete. Entgegen unseren Erwartungen fanden wir jedoch keine größere Beeinträchtigung der HI-detox im Vergleich zur LO-detox Gruppe in Hinblick auf diesen Index. Es ergaben sich jedoch Anhaltspunkte für eine größere Beeinträchtigung der Leistung in der IOWA gambling task nach wiederholtem Entzug.

Schlussfolgerung: Kognitive Beeinträchtigungen alkoholabhängiger Patienten scheinen früher im Verlauf der Abhängigkeitsentwicklung zu entstehen, beispielsweise durch Trinkmuster wie binge-drinking oder Selbstentzüge, so dass sich kein Effekt der wiederholten Entzugsbehandlungen nachweisen lässt.

Literatur: Duka, T., Townshend, J. M., Collier, K. and Stephens, D. N. (2003) Impairment in cognitive functions after multiple detoxifications in alcoholic inpatients. Alcohol Clin Exp Res 27, 1563-72.