Zeitschrift für Phytotherapie 2009; 30 - V28
DOI: 10.1055/s-0029-1239871

Anwendung und Risiken pflanzlicher Präparate bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und Nierentransplantation

R Nowack 1, C Ballé 1, F Birnkammer 1, W Koch 1, R Sessler 1, R Birck 1
  • 1Dialysezentren Lindau, Kaufbeuren, Mindelheim, Neu-Ulm und Kempten

Hintergrund: Komplementäre und alternative Medikation (CAM) haben eine allgemein hohe Akzeptanz bei Patienten. Die Einnahme dieser Präparate und ihre möglichen Risiken unter Patienten mit Niereninsuffizienz und Nierentransplantation sind bisher unzureichend bekannt. Die vorliegende Untersuchung hatte daher zum Ziel, die Einnahme von CAM und anderen Gesundheitsprodukten bei Patienten mit Niereninsuffizienz und -transplantation in der Region Bayerisches Schwaben zu erfassen.

Methodik: Konsekutive Dialysepatienten und Nierentransplantierte wurden in 5 nephrologischen Zentren der Region mit einem zuvor im Zentrum Lindau entwickelten und getesteten Fragebogen nach ihrer Einnahme von CAM und anderen Gesundheitsprodukten befragt. Von 164 der 180 angesprochenen Patienten wurden auswertbare Fragebögen zurückerhalten.

Ergebnisse: 57% der Dialysepatienten und 49% der Transplantierten konsumierten CAM regelmäßig. CAM-Einnahme war positiv mit dem weiblichen Geschlecht korreliert und negativ mit Diabetes als Komorbidität. Unter den 41 verschiedenen CAM-Produkten nahmen Mineralstoff-Supplemente und Vitamine die Spitzenstellungen ein. Neben CAM im engeren Sinne konsumierten viele Patienten Lebensmittel zur Erhaltung ihrer Gesundheit, z.B. Kräuter-Tees und Zitrus-Säfte (50 bzw. 35%). Beinahe 40% der dokumentierten CAM bzw. Lebensmittel tragen ein potenzielles Risiko für diese Patienten, da sie entweder bei Niereninsuffizienz kumulieren oder mit der immunsuppressiven Medikation interagieren können. Nur etwa 50% der Dialysepatienten, aber 73% der Transplantierten informierten ihre Ärzte regelmäßig über die Einnahme dieser Produkte, während sich nur eine Minderheit der Ärzte von sich aus nach der Einnahme erkundigte.

Schlussfolgerung und Ausblick: Die Einnahme von CAM und Lebensmitteln mit gesundheitlichem Zusatznutzen ist unter Nierenpatienten verbreitet – meist ohne dass die behandelnden Ärzte darüber Bescheid wissen. Viele der konsumierten Produkte haben theoretisch Risiken für diese Patientengruppe. In einer weiteren, kurz vor Abschluss stehenden Untersuchung am gleichen Patientenkollektiv wird derzeit die Inzidenz von Komplikationen untersucht, die mit diesen Produkten in Zusammenhang stehen.