Hintergrund: Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung erleben in ihrer Erkrankung Beeinträchtigungen ihrer körperlichen und psychischen Integrität, Aktivitäten und sozialen Teilhabe individuell in unterschiedlicher Intensität. Wir berichten aktuelle Daten eines Fragebogensurveys zu körperlichen und psychosozialen Problemen sowie Einschränkungen von Aktivitäten und Teilhabe bei CED-Kranken im Vergleich zu Daten aus anderen CED-Studien und der Bevölkerung.
Methodik: Auf der Basis qualitativer Interviews und systematischer Literaturrecherchen wurde ein umfangreicher Patientenfragebogen entwickelt. Die Entwicklung orientierte sich an der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF)[1]. Der Fragebogen umfasst national und international etablierte Fragen und Skalen (HADS [2] u.a.). Die Querschnittsstudie wurde 2005 als postalischer Survey in drei Regionen Deutschlands (Kiel/Lübeck, Halle (Saale), Regensburg) durchgeführt. Befragt wurden Morbus Crohn- und Colitis ulcerosa-Patienten (MC, CU) aus gastroenterologischen Praxen, Hochschulambulanzen und dem Mitgliederbestand der Betroffenenvereinigung DCCV.
Ergebnisse: Die Fragebögen wurden von 1083 CED-Patienten beantwortet (58% MC; 65% Frauen). Die Respondenten waren im Mittel 42 Jahre alt bei einer durchschnittlichen Erkrankungsdauer von 13 Jahren. 25% der CED-Patienten litten stark oder sehr stark an der Erkrankung, ein Drittel gab starke Müdigkeit und Erschöpfung an, 52% fühlten sich stark von Stress beeinträchtigt. MC-Patienten berichteten in den meisten Bereichen deutlichere Beeinträchtigungen als CU-Patienten, Frauen berichteten häufiger Beeinträchtigungen als Männer. Eine klinisch relevante Angst oder Depressivität wiesen je 24% auf. Auffällig ist eine höhere Prävalenz der Depressivität bei männlichen CED-Patienten. Schwere Einschränkungen in verschiedenen Bereichen sozialer Teilhabe (v.a. Sexualität, Erholung/Freizeitgestaltung, soziale Aktivitäten) berichteten ein Viertel der Befragten. 70% berichteten eine ausreichende soziale Unterstützung, vorwiegend durch den/die Partner/in und den betreuenden Arzt.
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der Studie zeigen die multiplen und psychosozialen Beeinträchtigungen durch eine CED. Diesen Beeinträchtigungen kann nur eine wohnortnahe, krankheitsbegleitende, multi- und interdisziplinäre Versorgung gerecht werden. Weitere Analysen werden sich mit Präferenzen der Patienten, mit dem Profil der medizinischen Versorgung und dem Informationsbedarf von CED-Patienten befassen.
Literatur: [1] World Health Organization. International classification of functioning, disability and health: ICF. Geneva: World Health Organization, 2001.
[2] Herrmann C, Buss U, Snaith RP. HADS-D Hospital Anxiety and Depression Scale – Deutsche Version. Ein Fragebogen zur Erfassung von Angst und Depressivität in der somatischen Medizin. Testdokumentation und Handanweisung. (1. Aufl.). Bern: Huber, 1995.