Geburtshilfe Frauenheilkd 2009; 69 - A131
DOI: 10.1055/s-0029-1239047

Adrenale Enzymdefekte und metabolische Störungen beim Polycystischen Ovarsyndrom (PCOS)

V Mattle 1, B Kuntner 1, B Seeber 1, M Witsch-Baumgartner 2, E Kraus-Kinsky 1, E Schulze 3, L Wildt 1
  • 1Universitätsklinik für Gyn. Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Österreich
  • 2Department für Medizinische Genetik, Molekulare und klinische Pharmakologie, Medizinische Universität Innsbruck, Österreich
  • 3Labor für Molekulargenetik Heidelberg, Deutschland

Einleitung:

Das Polycystische Ovarsyndrom (PCOS) zählt mit einer Prävalenz von 10% zu den häufigsten endokrinen Dysfunktionen von Frauen im reproduktiven Alter. Seine Ursache ist unbekannt. Adrenale und ovarielle Enzymdefekte sowie genetische und familiäre Faktoren werden im Zusammenhang mit den metabolischen Veränderungen beim PCOS diskutiert. Wir haben deshalb untersucht, ob der ACTH-Test eine Identifizierung von heterozygoten adrenalen Enzymdefekten bei diesen Patientinnen erlaubt, ob diese Enzymdefekte in einem Kollektiv von PCOS-Patientinnen überrepräsentiert sind und ob sich metabolische Störungen im Sinne einer Insulinresistenz bei Brüdern dieser Patientinnen nachweisen lassen.

Material und Methoden: Zur Identifizierung heterozygoter Träger des CYP21-Hydroxylaysemangels wurde der ACTH-Test mit Bestimmung von 17-OHP und Cortisol bei insgesamt 1400 Patientinnen durchgeführt und bei mehr als 100 durch die Molekulargenetik mit kompletter Gensequenzierung der kodierenden Region des CYP21B Gens validiert. Zur Erfassung der Insulinresistenz wurde der oraler Glukosetoleranztest (OGTT) mit Bestimmung von Glukose und Insulin und Berechnung der AUC verwendet. Cholesterin, Triglyzeride und Lipoprotein a wurden als Parameter des Metabolischen Syndroms bestimmt.

Ergebnisse: Bis zu 20% der Patientinnen mit PCOS wurden als Träger eines heterozygoten Mangels der CYP21 Hydroxylase identifiziert. Die molekulargenetische Untersuchung ergab eine Sensitivität von 100% und eine Spezifität von 77% für den ACTH-Test. 53% der Patientinnen mit PCOS zeigten eine Insulinresistenz unabhängig vom Körpergewicht, davon wiesen bis 30% ein oder mehrere pathologische Veränderungen im Sinne eines Metabolischen Syndroms auf. Die Brüder der Patientinnen mit PCOS und Insulinresistenz zeigten in 60% eine Insulinresisenz mit Hinweisen auf ein Metabolisches Syndrom. Im Gegensatz dazu hatten alle Brüder von PCOS Patientinnen ohne Insulinresistenz einen normalen OGTT ohne Hinweis auf Insulinresistenz.

Schlussfolgerung: Heterozygote adrenale Enzymdefekte sind in einem Kollektiv von PCOS-Patientinnen deutlich überrepräsentiert (erwartet 3%, beobachtet 20%). Diese Beobachtung hat Konsequenzen für die Sterilitätsbehandlung.

Brüder von PCOS-Patientinnen mit Insulinresistenz scheinen ein erhöhtes Risiko zu tragen eine Insulinresistenz und in der Folge einen Diabetes mellitus zu entwickeln. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass das PCOS zum Teil eine multifaktorielle genetische Komponente enthält. Die Bedeutung dieser Befunde muss durch weitere Untersuchungen bestätigt werden.