Geburtshilfe Frauenheilkd 2009; 69 - A087
DOI: 10.1055/s-0029-1239004

Histopathologische Aufarbeitung und Interpretation von Sentinellymphknoten beim Vulvakarzinom

S Regauer 1
  • 1Institut für Pathologie, Medizinische Universtät Graz.

Fragestellung: Komplette inguinale Lymphadenektomien beim Vulvakarzinom zeigen nur in circa 30% Lymphknotenmetastasen. Die Sentinellymphknotendissektion kann die Morbidität einer unnötigen inguinalen Lymphadenektomie reduzieren, jedoch ist eine sichere histopathologische Identifizierung von Metastasen im Sentinellymphknoten notwendig, da Patientinnen mit nichterkannten Lymphknotenmetastasen ein hohes Risiko systemischer Disseminierung haben. Die Aufarbeitung und Interpretation von Sentinellymphknoten des Vulvakarzinoms unterscheidet sind von anderen Organsystemen.

Methode: 38 Vulvakarzinome (14pT1, 25pT2; 27/38 mit Lichen sclerosus (LS)) mit klinisch negativen inguinalen Lymphknoten wurden mit blauen radioaktiven Tracern injiziert. Alle markierten Sentinellymphknoten wurden entfernt. Die Aufarbeitung erfolgte nach dem Protokoll der „Groningen International Study on Sentinel lymph node precedure in vulvar cancer“. Nach einer negativen intraoperativen Gefrierschnittanalyse wurden alle Sentinellymphknoten Formalinfixiert und zur Gänze in 330µm Abständen aufgeschnitten (3 Schnitte/mm; 2 HE-Färbungen; 1 ungefärbter Objektträger für Immunhistochemie). Zeigten die HE-Schnitte keine Metastasen, wurden ALLE ungefärbten Schnitte mit Antikörper gegen Zytokeratin gefärbt.

Ergebnisse: 15/38 Patientinnen hatten eine unilaterale, 23/38 eine bilaterale Sentinellymphknotendissektion (Durchschnitt 1.3 SLN pro Leiste, range 0 to 4). 25/38 Patientinnen hatten keine Metastasen; 3/38 hatten Metastasen im Gefrierschnitt, 4/38 in den HE-gefärbten Schnitten. Immunhistochemisch wurden Mikrometastasen in 2/38, Tumoreinzelzellen und kernlose Zellstrukturen in 4/38 Patientinnen nachgewiesen. 12/13 Patientinnen mit Metastasen litten an LS. Eine Patientin mit falsch-negativer Interpretation einzelner intraparechymaler Tumorzellen erhielt keine Therapie und entwickelte nach 9 Monaten inguinale Konglomeratmetastasen. Schlussfolgerung: Sentinellymphknotendissektion ist eine sichere Behandlung für Vulvakarzinome wenn alle markierten Lymphknoten entfernt werden, mit HE Serienschnitten und Immunhistochemie aufgearbeitet werden und einzelne intraparenchymale Tumorzellen als „positive“ interpretiert werden. Tumoreinzelzellen mit der Fähigkeit zur Implantation und Proliferation sind typisch für LS-assoziierte Vulvakarzinome, die auf dem Boden einer Immundysregulierung mit vermehrten T-Lymphozyten mit monoklonal rearrangierten γ-T-Zellrezeptoren entstehen. Eine reduzierte T-Zellrezeptordiversität innerhalb der tumorinfiltrierenden T-Lymphozyten könnte den sog. „immunological escape“ von einzelnen Tumorzellen erklären.