Geburtshilfe Frauenheilkd 2009; 69 - A086
DOI: 10.1055/s-0029-1239003

Fehlbehandlung und -therapie bei Vaginalaplasie (VA) – eine prospektive Untersuchung an 188 Patientinnen, therapiert mit laparoskopisch-assistierter Neovagina-Anlage (LaN) (n=152)

K Rall 1, S Brucker 1
  • 1Universitäts-Frauenklinik Tübingen

Fragestellung: Die VA stellt mit 20% die zweithäufigste Ursache einer primären Amenorrhö dar, und sollte von Gynäkologen erkannt und adäquat therapiert werden können. Tatsächlich sind primäre Fehldiagnosen (FD) und frustrane Therapieversuche (fT) häufig. Ziel war es Prozentsatz und Art der FD und fT zu analysieren, ein Konzept zu entwickeln, um diese in Zukunft zu vermeiden, und die OP-Methode zu evaluieren.

Methoden: Von 2000 bis Januar 2009 stellten sich 188 Patientinnen (Pat) im Alter von 14 bis 40 Jahren mit VA an der Tübinger Universitäts-Frauenklinik vor (175 mit MRKH), bei 122 Pat (n1) wurde die optimierte LaN angewandt, bei 30 (n2) die konventionelle. Eine standardisierte Anamnese und Diagnostik inklusive Uro-MRT und Chromosomenanalyse wurde durchgeführt.

Ergebnisse: Die Pat waren im Durchschnitt 16,6 Jahre bei Diagnosestellung und 19,9 Jahre bei der Operation. Insgesamt 41% der Patientin hatten primär FD erfahren, bei 37% lag eine fT vor, wobei bei 10% eine Hymenalinzision versucht worden war und 27,3% eine orale Hormontherapie zur Menarcheinduktion erhalten hatten. Durch die optimierte LaN konnten Operationszeit (n2=73min vs. n1=43min; p=0,0002) und Spanndauer (n1=4,6 Tage vs. n2=7,5 Tage, p=0,0002) signifikant reduziert und die postoperative Scheidenlänge (n1=9,7cm vs. n2=7,8cm, p=0,0002) gesteigert werden, ohne Anstieg der Komplikationsrate. Um Fehldiagnosen zukünftig zu vermeiden wurde ein standardisiertes Vorgehen aufgezeigt und ein „Bewußtmachungskonzept“ entwickelt.

Um mit dem phänotypischen Spektrum vertraut zu machen, wurde eine detaillierte Beschreibung der genitalen anatomischen Varianten des MRKH-Syndroms gegeben.

Schlussfolgerung: Ein standardisiertes diagnostisches Vorgehen verhindert von Anfang an Fehldiagnosen (meist Hymenalatresie und Ovarialinsuffizienz) und initiale Fehlbehandlung und erlaubt damit eine frühzeitige sachgerechte Therapie. Normale Lebensqualität und zufriedenstellende vita sexualis wird damit möglich bei Anwendung eines sicheren und effizienten minimal-invasiven Operationsverfahren. Verzweiflung und Leiden wird dadurch auf ein Minimum reduziert