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DOI: 10.1055/s-0029-1238138
Die Mensur – zwischen Extremsport und invasivem Körperkult
Einleitung: Die Mensur ist seit fast 200 Jahren fester Bestandteil des studentischen Verbindungslebens. Die typischen Verletzungen betreffen vor allem das Gesicht.
Material und Methode: In dieser retrospektiven Analyse von 60 Mensuren wird die Lokalisation, Häufigkeit und Schwere der mund-kiefer-gesichts-chirurgischen Verletzungen im Paukbetrieb untersucht. Ebenso wird die Abhängigkeit bestimmter Verletzungsmuster von bestimmten fechterischen Regularien hervorgehoben. Grundlage dafür sind die Aufzeichnungen eines Paukarztes in einem standardisierten Protokoll. Die Nachbeobachtungszeit betrug 6 Monate, nach der eine erneute Beurteilung der Verletzungsfolgen anhand eines standardisierten Protokolls erfolgte. Die Verletzungshäufigkeit wird mit der von Trend- und Breitensport verglichen.
Ergebnisse: Bei 94% aller Mensuren kam es zu Verletzungen im Gesichtsbereich. Die Schwere dieser reichte von Haut- und Unterhautdurchtrennung bis zu Knorpel- und Knochenläsionen. In 79% der Mensuren waren beiden Paukanten betroffen. 73% der Verletzten trugen Mehrfachverletzungen davon. 81% der Verletzungen waren einfach, 17% mehrschichtig und 2% mit Gewebeverlust. Das funktionelle und ästhetische Ergebnis war 6 Monate nach der Primärversorgung bei 96% gut bis sehr gut, bei einer Defektverletzung im Bereich des beharrten Kopfes bestand Korrekturbedarf. Das Gesamtrisiko ist mit 3400 Verletzungen pro 1000h Praxis im Vergleich zu Trendsportarten (Kitesurfing 7/1000h Praxis) und dem Breitensport (Fußball 2,6/1000h Praxis) sehr hoch. Alle Defektverletzungen gingen ausschließlich auf die Benutzung des Glockenschlägers, einer Variation der Mensurwaffe, zurück.
Diskussion: Trotz der Häufigkeit der Verletzungen bei Mensuren sind Schweregrade und Komplikationsraten derselben bei zeitgemäßer, primärer Wundversorgung sehr gering. Die Verwendung der Glocke ist kritisch zu beurteilen. Die soziopsychiologischen Bedingungen unter denen Mensuren stattfinden zeigen Übereinstimmungen mit den Kennzeichen des invasiven Körperkultes