Zentralbl Chir 2009; 134 - P8
DOI: 10.1055/s-0029-1238134

Interdisziplinäre Versorgung von Problemwunden mit mikrochirurgischen Transplantaten

E Gudewer 1, L Li 1
  • 1Klinikum-Oldenburg gGmbH, MKG Chirurgie/Plastische Operationen, Oldenburg, Germany

Einleitung:

Bei ausgedehnten Gewebeverlusten (durch Traumata, fortschreitende entzündliche Prozesse oder Wundheilungsstörungen nach Operationen) sind die Möglichkeiten der konservativen Wundtherapie und der Defektdeckung mit lokalen Transplantaten nicht ausreichend. Die erfolgreiche Behandlung dieser Problemwunden gelingt mit einem interdisziplinären Konzept, in das sowohl die Erkenntnisse der modernen Wundtherapie als auch Techniken des mikrochirurgischen Gewebetransfers einfließen.

Methode:

Anhand von Fallbeispielen werden Behandlungsstrategien gezeigt, in denen zeitgemäße Wundbehandlungskonzepte in (teilweise mehrzeitige) mikrochirurgische Rekonstruktionen eingebunden sind. Auf folgende Problemwunden wird mit detaillierten Fotodokumentationen eingegangen:

  • Wundheilungsstörung der unteren Extremität mit freiliegendem Knochen und Osteosynthesematerial nach Trauma

  • Mehrzeitige Versorgung des Gesichtes und des Beines nach schwerem Hundebisstrauma

  • Sakrale Wundheilungsstörung nach Beckenexenteratio bei Rektum-Karzinom.

  • Versorgung von Sternumdefekt-Wunden nach Herzoperationen

  • Defektdeckung bei genitalen Defekten nach Tumoroperation und nach Fasciitis necroticans

  • Mehrzeitige Rekonstruktion nach ausgedehntem Schrotschuss-Defekt des Gesichtes

  • Dekubitusproblematik bei Querschnittslähmung

Ergebnisse:

Alle Wunden konnten gedeckt werden. Durch mehrmaliges Debridement unter sterilen OP-Bedingungen, Einsatz der Vakuumtherapie oder Abdeckung mit Hydropolymer- und/oder Hydrokolloid-Wundauflagen wurden die Wunden konditioniert. Die plastische Deckung erfolgte einzeitig oder schrittweise mit mikrochirurgischen Lappentransplantaten. Für kleinere Defekte wurde ein Unterarmlappen gewählt, bei ausgedehntem Gewebeverlust war ein myokutaner M. latissimus dorsi Lappen geeignet. In besonderen Fällen konnten der M. latissimus dorsi Lappen als Kombinationslappen mit einem zweiten Muskelanteil (M. serratus anterior) in einen mehrteiligen Defekt eingelagert werden.

Diskussion:

Die Versorgung derartiger komplexer Defektwunden und Verletzungen erfordert eine engmaschige und interdisziplinäre Betreuung. Ganz wesentlich ist ein zeitgemäßes Wundmanagement in Kombination mit operativen Behandlungsschritten: In den vorgestellten Fällen konnten die ausgedehnten Defektwunden nach ausreichender Konditionierung mit mikrochirurgischen Transplantaten zügig und sicher gedeckt werden. Für lokalisierte Defekte eignet sich ein Unterarmlappen. Der lange Gefäßstiel ermöglicht den sicheren Gefäßanschluss auch über eine längere Distanz. Ausgedehnte Defekte lassen sich mit einem myokutanen M. latissimus dorsi Lappen schließen. Die Gefäße sind ausreichend lang und großkalibrig, sodass der Lappen sehr sicher ist. Bei komplizierten Defektwunden kann der M. serratus anterior als zweiter Lappenanteil gehoben werden. Beide Lappenanteile werden über einen gemeinsamen Gefäßstiel versorgt, können aber unabhängig voneinander in mehrkammerige Defekte eingelagert werden.