Geburtshilfe Frauenheilkd 2009; 69 - P175
DOI: 10.1055/s-0029-1225248

Tuberkulose des unteren Genitaltrakts der Frau – ein Fallbericht

S Wagner 1, T Blankenstein 1, D Mayr 1, R Kürzl 1
  • 1I. Universitätsfrauenklinik der LMU München, München

Einleitung: Während die Tuberculosis genitalis interna ein zwar in den Industriestaten seltenes, aber bekanntes Krankheitsbild darstellt, gibt es keine Beschreibungen über eine primäre Tuberkulose des unteren Genitaltrakts. Beschrieben sind Formen der Hauttuberkulose, die selten auch die Vulva betreffen können. Fallbericht: Eine 80-jährige Patientin wurde in unsere Klinik mit klinisch Verdacht auf Vulvacarcinom überwiesen. Die Patientin berichtete über Brennen im Genitalbereich und Dysurie. Im Vulva- und Vaginalbereich sowie an der Portiooberfläche zeigten sich ausgedehnte rötliche Bezirke mit deutlich vergröbertem Hautrelief. Auffällig war ein dick rahmiger Fluor. Es erfolgte die Konisation mit Zervixkürrettage und Gewebeprobenentnahme aus Vagina und Vulva. Histologisch ergab sich eine jeweils ausgedehnte, teils chronisch-granulierende, teils chronische und plasmazellreiche, sowie ausgeprägte granulomatöse Entzündung mit Nekrosen. Dabei konnten molekularpathologisch Mycobacterium tuberculosis-spezifische PCR-Produkte nachgewiesen werden. Mikrobiologisch konnte M. tuberculosis nachgewiesen werden. Die Entzündungsparameter waren erst postoperativ stark erhöht, intermittierend hatte die Patientin Fieber bis 39°C. Im Röntgen-Thorax zeigten sich postentzündliche, jedoch keine Tuberkulose- typischen Veränderungen. Bei zunächst fehlendem Nachweis von M. tuberculosis aber Nachweis eines MRSA im Vulva-Abstrich wurde die Patientin zunächst mit Vancomycin und Fosfomycin intravenös behandelt. Zusätzlich erfolgten desinfizierende Spülungen der Genitalregion. Klinisch führten diese Maßnahmen bereits zu einer deutlichen Befundverbesserung. Nach Vorlage aller Befunde wurde schließlich eine tuberculostatische Therapie mit Ethambutol, Isoniazid, Pyrazinamid und Rifampicin eingeleitet, welche zu einem Rückgang der Beschwerden und des Befundes führte. Schlussfolgerung: Durch die konsequente histologische Abklärung von Befunden, die klinisch wie ein Vulvacarcinom imponieren, gelingt es, auch seltene Diagnosen wie die Tuberkulose des unteren Genitaltraktes zu stellen. Hierdurch wird die Einleitung einer spezifischen Therapie ermöglicht.