Z Geburtshilfe Neonatol 2009; 213 - PO_N_03_08
DOI: 10.1055/s-0029-1223034

Bakterielle Sepsis durch E.coli NISSLE 1917 bei einem sehr unreifen Frühgeborenen

K Scheer 1, E Straube 2, W Pfister 2, A Hübler 1
  • 1Universitäts-Kinderklinik, Jena
  • 2Universitätsklinikum Jena, medizinische Mikrobiologie, Jena

Hintergrund: Die Anwendung von Probiotika ist eine in der Neonatologie verbreitete Methode, die den Aufbau der normalen Darmflora unterstützen soll. Ihre Sicherheit erscheint jedoch insbesondere bei nur bedingt immunkompetenten Patienten noch unklar.

Fallbericht: Wir berichten von einem eutrophen Frühgeborenen (Gestationsalter 27+3 SSW, Geburtsgewicht 935g;). In der postintensiven Phase entwickelte sich am 13. Lebenstag eine virale Gastroenteritis mit dem Nachweis von Rota- und Adenoviren. Zur Unterstützung der regulären Darmflora wurde ab 15. Lebenstag eine probiotische Therapie mit E. coli NISSLE 1917 in der empfohlenen Dosierung begonnen. Der enterale Nahrungsaufbau verbesserte sich zunächst. Am 25. Lebenstag trat eine Sepsis mit Kreislaufstörungen, Apnoen und Fieber (Interleukin 6: 29294 pg/ml; C-reaktives Protein 116mg/l) auf. In der Blutkultur ließ sich Escherichia coli nachweisen. Dieser Stamm erwies sich in der Pulsfeld-Gelelektrophorese als klonal identisch mit dem für die Therapie verwendeten E. coli-Stamm NISSLE 1917. Unter antibiotischer Therapie, Kreislauftherapie und Immunglobulingabe erholte sich das Kind. Im Alter von 10 Lebenswochen erfolge in stabilem Allgemeinzustand die Entlassung nach Hause.

Diskussion: Unsere kleine Patientin ist unserer Kenntnis nach das erste Frühgeborene, bei dem durch die für diese Patientengruppe in Deutschland zugelassene Behandlung mit E. coli NISSLE 1917 eine schwere Sepsis verursacht wurde. Vor diesem Hintergrund sollte das Aussprechen breiter Anwendungsempfehlungen einer probiotischen Therapie mit E. coli NISSLE 1917 bei bedingt immunkompetenten Patientengruppen sehr kritisch diskutiert werden.