Z Geburtshilfe Neonatol 2009; 213 - PO_G_08_09
DOI: 10.1055/s-0029-1222948

Protrahierte Austreibungsperiode–ist ein Zuwarten gerechtfertigt?

M Tavares de Sousa 1, G Ortmeyer 1, P Glosemeyer 1, W Diehl 1, K Hecher 1
  • 1Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg

Fragestellung: Man spricht von einer protrahierten Austreibungsperiode, wenn der Muttermund bei Erstgebärenden länger als 120 und bei Mehrgebärenden länger als 60 Minuten bis zur Geburt des Kindes vollständig eröffnet ist [1]. In einer retrospektiven Analyse untersuchten wir 3655 Einlingsschwangerschaften in Schädellage, die in den Jahren 2006–2008 im Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf eine vaginale Entbindung intendierten. Ziel war zu analysieren, inwieweit ein Zuwarten in der Austreibungsperiode zu einer vaginalen Geburt führt.

Ergebnisse: Insgesamt haben 3171 (86.75%) vaginal entbunden (73.79% spontan und 12.97% vaginal-operativ). 484 (13.25%) wurden per sekundärer Sectio entbunden. Bei 3273 (89.55%) lag die Austreibungsperiode im Normbereich. In dieser Gruppe haben 2856 (87.25%) vaginal entbunden (79.13% spontan und 8.12% vaginal-operativ). 417 (12.74%) wurden per Sectio entbunden. 382 (10.45%) wiesen eine protrahierte Austreibungsperiode auf. In diesem Kollektiv konnten 315 (82.46%) vaginal entbunden werden. Die Rate der Spontanpartus fiel mit 107 (28.01%) signifikant geringer, während die der vaginal-operativen Entbindungen mit 208 (54.45%) signifikant höher ausfiel im Vergleich zu Entbindungen mit einer Austreibungsperiode im Normbereich (p<0.05 im Chi-Quadrat-Test). Der Anteil der Sectiones war mit 67 (17.54%) nicht signifikant erhöht.

Schlussfolgerung: Bei einer protrahierten Austreibungsperiode kommt es in 82% noch zu einer vaginalen Geburt, so dass ein Abwarten über den geltenden Normbereich gerechtfertigt erscheint. Es ist hier allerdings mit einer signifikant höheren Rate an vaginal-operativen Entbindung (54%) zu rechnen.

Literatur: 1. Schneider, Husslein, Schneider (2004) Die Geburtshilfe. S. 580