RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0029-1222030
Management einer Nadelphobie bei einem 13-jährigen Jungen mit Diabetes-Erstmanifestation
Nadel- und Injektionsphobien sind selten, können aber bei der Notwendigkeit regelmäßiger Blutentnahmen und Injektionen – wie beim Typ-1-Diabetes – ernsthafte Behandlungsbarrieren darstellen.
Ein 13 Jahre alter adipöser Junge litt seit einigen Wochen unter Polyurie und Polydipsie, sowie Gewichtsverlust. Beim Kinderarzt wurde eine Glucosurie und Ketonurie festgestellt, eine Blutentnahme verweigerte der Junge. Seit einer traumatischen Blutentnahme im Alter von 3 Jahren war eine Nadel- und Injektionsphobie bekannt, blieb jedoch unbehandelt, so dass seitdem keinerlei ärztliche und zahnärztliche Maßnahmen erfolgen konnten.
Der Junge wurde mit V.a. Diabetes mellitus in ein Kinderkrankenhaus eingewiesen, ließ jedoch keine medizinischen Maßnahmen zu und lief weg. Wenige Tage später wurde er – nachdem sein Allgemeinzustand immer kritischer wurde – von der Familie mit einem Trick in unsere Klinik gebracht.
Bei Aufnahme war der Junge in reduziertem Allgemeinzustand, stark dehydriert, klagte über Kopf- und Bauchschmerzen. Es fand sich eine Ketoazidose (pH 7,13, BE -19,7mmol/l, Bicarbonat 10,3mmol/l), Glucose 411mg/dl, HbA1c 13%.
Nach intensiven Gesprächen mit dem Kinder- und Jugendpsychologen ließ er eine Sedierung und Fixierung zu, so dass schließlich die Anlage eines Venenzugangs zur i.v. Insulintherapie gelang.
Durch lange Gespräche und kognitiv-verhaltenstherapeutische Desensibilisierungsübungen gelang die BZ-Selbstmessung nach 3 Tagen, die subcutane Insulininjektion mithilfe einer Injektionshilfe mit verdeckter Nadel nach 7 Tagen. Die i.v. Insulingabe war somit über 7 Tage erforderlich.
Weiterhin bestanden jedoch Ängste vor Injektionen durch andere – wie z.B. durch die Mutter – und vor Blutentnahmen. Da der Junge die weitere psychologische Therapie zunächst ablehnte, gelangen eine zahnärztliche Behandlung und eine notwendige Blutentnahme ein Jahr nach Manifestation nur nach Sedierung.
Nadel- und Injektionsphobien können die Betroffenen durch Verweigerung medizinischer Maßnahmen in kritische Situationen bringen. Sie sollten daher rechtzeitig und konsequent behandelt werden, bevor ein Notfall eintritt.
Mit psychotherapeutischen Verfahren und medizintechnischen Hilfsmitteln kann eine Nadel- und Injektionsphobie deutlich reduziert und die Diabetesbehandlung erfolgreich durchgeführt werden.