Klinische Neurophysiologie 2009; 40 - P338
DOI: 10.1055/s-0029-1216197

Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Persönlichkeitsfaktoren und der Schmerzwahrnehmung mithilfe von somatosensorisch evozierten Potentialen

D Giersch 1, S Karch 1, G Leicht 1, C Mulert 1, O Pogarell 1
  • 1München

Schmerz ist eine emotional getönte Empfindung, welche nicht durch rein physiologische Reizparameter bestimmt ist, sondern bei der auch andere Aspekte wie psychosoziale und kognitive Faktoren mit eingehen. Daher liegt die Vermutung nahe, dass die Persönlichkeit bei der Schmerzwahrnehmung eine Rolle spielt. Die bisher gefundenen Zusammenhänge sind jedoch inkonsistent, vor allem auch bezüglich der betroffenen Schmerzkomponente (sensorisch vs. affektiv). Ein wichtiger Persönlichkeitsfaktor könnte Neurotizismus sein, denn Personen mit hohen Neurotizismuswerten reagieren empfindlicher und mit mehr Aufmerksamkeit auf ihren Körperzustand und berichten mehr körperliche Beschwerden als Personen mit niedrigen Werten. In der vorliegenden Studie soll der Einfluss verschiedener Persönlichkeitsfaktoren auf die Schmerzwahrnehmung mithilfe von somatosensorisch evozierten Potentialen (SEPs) untersucht werden. Es ist davon auszugehen, dass SEPs ein objektiveres Maß für die tatsächlichen hirnphysiologischen Vorgänge darstellen, als einfache Intensitätseinschätzungen.

15 gesunde Probanden im Alter zwischen 25 und 50 Jahren wurden zu zwei Messzeitpunkten im Abstand von 4–6 Wochen mithilfe von CHEPs (Contact heat evoked potentials) untersucht. Mit CHEPs können über eine Kontaktthermode, die an der Haut angebracht wird, Hitzereize zwischen 39° und 53° C erzeugt und die entsprechenden SEPs abgeleitet werden. Es erfolgte zu beiden Messzeitpunkten eine Schwellenbestimmung (Wahrnehmungs-, Schmerz- und Toleranzschwelle). Zur Ableitung der evozierten Potentiale wurden zu beiden Messzeitpunkten Reize der gleichen subjektiven Intensität verwendet, die über die individuellen Schwellen festgelegt wurden. Um auch die evozierten Potentiale auf physikalisch gleiche Reize untersuchen zu können, wurden die Probanden zum zweiten Messzeitpunkt in einem weiteren Durchlauf alle mit den gleichen Temperaturen stimuliert (47° C, 50° C, 53°C) und die SEPs abgeleitet. Persönlichkeitsfaktoren wurden mithilfe des NEO-FFI erhoben.

Erste Ergebnisse zeigen einen Zusammenhang der Persönlichkeitsdimension „Offenheit für Erfahrungen“ und „Verträglichkeit“ mit den Amplituden der SEPs. Der Zusammenhang mit dem Persönlichkeitsfaktor Neurotizismus erscheint weniger klar. Es werden weitere Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen den erhobenen Persönlichkeitsfaktoren und den Schmerzschwellen, sowie den SEPs nach Stimulation mit subjektiv gleichen bzw. objektiv gleichen Reizen diskutiert.