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DOI: 10.1055/s-0029-1215577
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Niedergelassene Ärzte und Rehabilitation
Office Practice Physicians and RehabilitationPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
17. April 2009 (online)
Im Unterschied zur Unfallversicherung werden Rehabilitationsleistungen in der Kranken- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung und in der sozialen Pflegeversicherung grundsätzlich nur auf Antrag erbracht. Ob Rehabilitationsleistungen rechtzeitig eingeleitet werden, hängt wesentlich von den Einstellungen und dem Verhalten der Versicherten ab. Das konkrete Antragsverhalten unterliegt subjektiven Einflüssen und ist von persönlichen Einschätzungen, Kenntnissen und Erfahrungen abhängig. Neben diesen personbezogenen Faktoren sind aber auch externe Faktoren wie beispielsweise die Arbeitssituation oder das soziale Umfeld zu nennen. Einen unbestritten wichtigen Einfluss auf das Antragsverhalten der Versicherten ist dem behandelnden niedergelassenen Arzt zuzuschreiben, der als Vertrauensperson in Gesundheitsfragen den Patienten beratend zur Seite steht und häufig die Rehabilitationsmaßnahmen anregt und Anliegen der Patienten unterstützt. Dabei muss der behandelnde Arzt zwischen den Erwartungen seines Patienten und seinen eigenen fachlichen Vorstellungen über notwendige Behandlungen abwägen.
Zwei Fragestellungen, die miteinander eng verbunden sind, rücken dabei besonders in den Vordergrund. Anhand welcher Kriterien lässt sich ein Rehabilitationsbedarf für den einzelnen Patienten durch den niedergelassenen Arzt feststellen? Welche Einstellungen und Erwartungen hat der niedergelassene Arzt selbst gegenüber der (medizinischen) Rehabilitation? Das sich daraus ergebende Spannungsverhältnis ist vor folgendem Hintergrund zu sehen: Während die Anschlussrehabilitation eine relativ große Akzeptanz bei den Ärzten findet und ihr Anteil an den Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ständig zunimmt, ist die aus der ambulanten Versorgung eingeleitete Rehabilitation tendenziell rückläufig. Diese Entwicklung ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Akzeptanz bei den niedergelassenen Ärzten aus verschiedenen Gründen immer noch unbefriedigend ist. Die aus Untersuchungen bekannte, aber nicht einheitlich beurteilte Distanz (vgl. z. B. [1], S. 332) wird durch eine in dieser Ausgabe veröffentlichte (nicht-repräsentative) Studie zur Identifikation von Rehabilitationsbedarf in der Hausarztpraxis zumindest indirekt anhand einer relativ geringen Mitwirkungsbereitschaft von Ärzten bestätigt (vgl. dazu und im Folgenden Deck et al. [2] in diesem Heft).
In dieser Situation können sicherlich Strategien helfen, die dazu beitragen, die Rehabilitationsbedürftigkeit bzw. den Rehabilitationsbedarf von Patienten mit einfachen und praktikablen Instrumenten in der Arztpraxis festzustellen. Die Bereitschaft zur Mitwirkung und Anregung hängt aber von grundlegenderen Einstellungen der Ärzte ab. Trotz zunehmender wissenschaftlicher Fundierung sowie ständiger Qualitätsentwicklung in der Rehabilitation ist ihr Image bei den niedergelassenen Ärzten verbesserungsbedürftig. Dazu könnte auch eine optimalere Gestaltung der Verfahren beitragen, die von den Ärzten nach wie vor als zu aufwendig und wenig transparent angesehen werden.
So sind die Antragsverfahren zwischen den Rehabilitationsträgern bisher wenig abgestimmt. Nicht nur die Antragsformulare und die vom Arzt zu erstellenden Unterlagen unterscheiden sich, auch die Verfahrensabläufe und Zugangswege differieren zwischen den Trägern. Dem Verfahren bei den Krankenkassen liegen beispielsweise die vom Gemeinsamen Bundesausschuss verabschiedeten Rehabilitations-Richtlinien zugrunde, die wiederum für andere Träger nicht gelten. An dieser Stelle können die Unterschiede in den Antragsverfahren nicht im Einzelnen aufgezeigt werden. Es stellt sich aber doch erneut die Frage, ob und wie durch eine trägerübergreifende Abstimmung die Verfahren optimiert werden können. Noch grundlegender dürfte es sein, die erreichten Fortschritte in der Rehabilitation für den niedergelassenen Arzt durch gezielte Ansprache deutlicher zu machen, um die Distanz weiter zu verringern (weitere Anregungen vgl. [3]). Ein Dauerthema!
Ihre Herausgeber
Literatur
- 1 Hesse B, Heuer J, Gebauer E. Rehabilitation aus der Sicht kleiner und mittlerer Unternehmen. Rehabilitation. 2008; 47 324-333
- 2 Deck R, Träder J-M, Raspe H. Identifikation von potentiellem Reha-Bedarf in der Hausarztpraxis: Idee und Wirklichkeit. Rehabilitation. 2009; 48 73-83
- 3 Raspe H. Medizinische Rehabilitation: “Change we need“. Rehabilitation. 2009; 48 47-50