Geburtshilfe Frauenheilkd 2009; 69 - A039
DOI: 10.1055/s-0029-1208295

Migrationshintergrund als Risikofaktor für eine Hyperemesis gravidarum? Ergebnisse einer quantitativen und einer qualitativen Untersuchung

M David 1, FCK Chen 1, T Borde 2
  • 1Charité-Campus Virchow-Klinikum, Klinik f. Frauenheilk. u. Geb.hilfe, Berlin, Germany
  • 2Alice-Salomon-Fachhochschule, Berlin, Germany

Fragestellung: Wie groß ist der Anteil von Migrantinnen unter den wegen Hyperemesis gravidarum (H.g.) stationär behandelten Patientinnen einer großstädtischen Frauenklinik, wie ist die Wiederaufnahmerate? Welchen Einfluss haben Migrationserfahrung und Akkulturationsgrad? Wie sind die Krankheitsursachenvorstellungen von deutschen vs. nicht-deutschen H.g.-Patientinnen?

Patientinnenkollektiv/Methodik: (1) Quantitativ: Retrospektive Datenanalyse aller stationär behandelten Patientinnen mit H.g. von 1996–2006, Erfassung von Alter, Ethnizität, Schwangerschafsalter bei Aufnahme, Gravidität/Parität, Länge des Klinikaufenthalts, Wiederaufnahme. (2) Qualitativ: Pilotstudie 2007–2009, mittels Fragebogen an Zufallsstichprobe von H.g.-Patientinnen Erhebung soziodemographischer Angaben, Daten zu Akkulturation,/Migration, psychischer Befindlichkeit (SCL-90-R), subjektiver Krankheitstheorie (n. Bischoff/Zenz), Gesundheitswissen, ambulante Versorgungsqualität.

Ergebnisse: (1) In der 11-Jahres-Periode wurden 610 Frauen mit H.g. stationär aufgenommen, der Anteil von Migrantinnen war mit 70,8% (432 Pat.) auch z.B. im Vergleich zur altersstandardisierten weiblichen Wohnbevölkerung überproportional hoch. Die beiden Kollektive waren ansonten in allen Parametern vergleichbar. Die Therapiedauer war ebenfalls ähnlich. Die Wiederaufnahmerate der Migrantinnen betrug jedoch 12% gegenüber 8% bei den deutschen Frauen Unter den Migrantinnen war der Anteil von türkischstämmigen und arabischen Migrantinnen besonders hoch. (2) In die qualitative Studie konnten bisher 51 Patientinnen einbezogen werden, davon 31 Migrantinnen und 20 deutsche H.g-Patientinnen. Die meisten Migrantinnen mit H.g. hatten eine „naturalistische“ oder keine eindeutige Krankheitstheorie. Viele Migrantinnen zeigten im SCL-90-R bei der Skala „Somatisierung“ deutlich höhere Wert als die deutsche Schwangeren.

Schlussfolgerungen: Ein Migrationshintergrund muss als ein wichtiger ätiologischer Faktor für die Entwicklung einer stationär zu behandelnden H.g. beachtet werden. Unter den wegen H.g. stationär aufgenommenen Migrantinnen scheinen weniger akkulturierte Frauen häufiger zu sein.