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DOI: 10.1055/s-0029-1208290
„Tomboy“-Verhalten bei Frauen mit kompletter Androgenresistenz
Fragestellung: Komplette Androgenresistenz (CAIS) beschreibt eine vollständige Nichtrezeptivität des Androgenrezeptors. Betroffene mit einem 46,XY Karyotyp weisen typisch weibliche externe Genitalien auf, sowie eine blind endende Vagina und nicht voll entwickelte Testes im Bauchraum. Mit der Pubertät setzt feminines Brustwachstum ein, es entwickelt sich wenig bis keine Pubes- und Axillarbehaarung. Die psychosexuelle Entwicklung, d.h. sowohl die Geschlechtsidentität als auch das geschlechtstypische Verhalten, wird in der Literatur als typisch weiblich beschrieben.
Material und Methoden: Im Rahmen einer größeren Studie an Personen mit verschiedenen Varianten der Sexuellen Entwicklung (engl.: DSD) wurden u.a. Daten von 13 Frauen mit CAIS gesammelt. Diese wurden mit einer Gruppe von 212 nicht betroffenen Frauen hinsichtlich ihres erinnerten geschlechtstypischen Verhaltens in der Kindheit verglichen. Zum Einsatz kamen faktorenanalytisch gebildete Skalen, von denen 3 typisch feminine und 3 typisch maskuline Inhalte repräsentieren.
Ergebnisse: Auf den femininen Skalen zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Frauen mit und ohne CAIS. In zwei der drei maskulinen Skalen zeigten die CAIS- Frauen erhöhte maskuline Werte im Vergleich mit den Frauen ohne CAIS. Von den 13 CAIS-Frauen liegen dabei 5 (38%) auf der Skala „Wettkampforientiertes/aggressives Spiel“ oberhalb des 93. Perzentils der Frauen aus der Kontrollgruppe, auf der Skala „Interesse an Werken und Technik“ liegen ebenfalls 5 oberhalb des 65. Perzentils.
Schlussfolgerungen: Der hohe Anteil an erhöhtem typisch maskulinem Verhalten in der CAIS-Stichprobe ist überraschend. Diese Werte werden im Zusammenhang mit den restlichen verfügbaren Daten der CAIS-Frauen mit erhöhtem maskulinem Verhalten interpretiert. Die Bedeutung für die psychologische und medizinische Behandlung von Frauen mit CAIS wird dargelegt.