Geburtshilfe Frauenheilkd 2009; 69 - A012
DOI: 10.1055/s-0029-1208270

Evidenzbasierte Patientenleitlinien als Baustein der partizipativen Entscheidungsfindung in der Gynäko-Onkologie

A Wöckel 1, R Kreienberg 1
  • 1Universitätsklinik Ulm, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ulm, Germany

Evidenz- und konsensusbasierte Leitlinien nehmen gerade im onkologischen Bereich einen zunehmenden Stellenwert ein. Hierbei werden nach systematischen Literaturrecherchen methodisch hochwertige Publikationen identifiziert und analysiert. An erster Stelle stehen Quellen aggregierter Evidenz (bereits existierende evidenzbasierte Leitlinien, Systematic Reviews, HTA-Berichte) sowie prospektiv randomisiert-kontrollierte Studien. Nach Bewertung von entsprechenden Outcomes und Effekten der Studien werden durch Konsensusverfahren klinische Handlungsalgorithmen für den Arzt festgelegt (1).

Die Entwicklung solcher evidenzbasierter Empfehlungen und Statements ist jedoch nicht nur für den Kliniker hilfreich, sondern auch für den Patienten und Betroffenen selbst. Onkologische Patienten beziehen heute ihre Informationen in stärkerem Maße als früher aus elektronischen Medien wie dem Internet. Da bei der Darstellung der einzelnen Therapieoptionen durch die Finanzierung über Dritte oft Interessenskonflikte unvermeidbar sind, kann nicht immer von unabhängigen und validen Daten ausgegangen werden, mit welchen die Hilfesuchenden konfrontiert sind.

Auf diesem Weg werden häufig Verfahren mit fraglicher Evidenz, die sich vom leitlinienkonformen Vorgehen unterscheiden, jedoch vom Patienten angesprochen und können damit das Arzt-Patientengespräch erschweren. Um den gesicherten Nutzen von Therapieverfahren möglichst transparent darzustellen, ist es sinnvoll im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung auf entsprechende evidenzbasierte Dokumente wie laienverständliche Patientenleitlinien zurückgreifen zu können.

Als Grundlage der Entwicklung von Patientenleitlinien können bereits existierende Leitlinien dienen, die nach entsprechender Umformulierung einem Konsultationsverfahren zugeführt werden. Im Rahmen dieses Verfahrens ist es effektiv, wenn entsprechende Fachgesellschaften oder Verbände klinische Fachexperten und Patientenorganisationen spezielle Patientenvertreter als Beteiligte nominieren, da so ein „kollektiver Erfahrungsschatz eingebracht werden kann.

Besonders stark akzeptiert sind weiterhin Patientenleitlinien, die neben der Evidenz und dem Hintergrundwissen auch krankheitsspezifische Versorgungsstrukturen aufzeigen und Aspekte zum Selbstmanagement und der Arzt-Patientenkommunikation darstellen bzw. Unterstützungs- und Hilfsangebote darlegen.

Die Entwicklung evidenzbasierter Leitlinien im onkologischen Bereich sollte heute eng an die Generierung spezieller Patientenleitlinien geknüpft sein, um neben einer patientengerechten Darstellung der Versorgungsqualität einheitliche Handlungsempfehlungen für Patient und Arzt zu geben.