Psychother Psychosom Med Psychol 2009; 59 - A063
DOI: 10.1055/s-0029-1208204

Die Bedeutung der Visite in der Psychosomatischen Medizin

S Probst 1, K Mörtl 1, J von Wietersheim 1
  • 1Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Ulm

Als Stichprobe wurden im Jahr 2004 alle 157 psychosomatischen Akut- und Rehabilitationskliniken in Bayern und Baden-Württemberg ausgewählt. Ein Fragebogen mit 25 Items zu Merkmalen der Visite wurde erarbeitet, der von den Visiteführenden auszufüllen war. Von 157 versandten erhielten wir 60 ausgefüllte Fragebögen zurück, davon 38 aus Akut- und 22 aus Rehabilitationskliniken. Die Ergebnisse zeigen, dass das psychosomatische Visitengespräch in den Kliniken durchschnittlich 11 Minuten dauert (im Vergleich zu durchschnittlich 3 Minuten bei somatischen Visiten). 51% der Visiten finden im Zimmer des Patienten statt, zu 73% ist kein Mitpatient anwesend. Der Patient wird durchschnittlich von 4 Personen visitiert. Funktionell geht es in der Visite darum, sich einen Überblick über den Zustand des Patienten zu verschaffen, Therapiefortschritt und -wirksamkeit zu überprüfen. Die teambezogene Funktion der Visite (z.B. Informationsaustausch, Supervision) ist für die befragten Ärzte wenig bedeutsam. Vielmehr geht es um patientenbezogene Faktoren, wie z.B. den Patienten zu ermutigen, zu loben und emotionalen Beistand zu leisten. Inhaltlich werden vor allem soziale und biographische Aspekte angesprochen und psychosomatische Zusammenhänge erläutert. Zwischen den Visiten in Akut- und Rehakliniken finden sich nur geringe Unterschiede: Den Visiteführenden beider Institutionen ist es bedeutsam, den Patienten emotionalen Beistand zu geben, in der Rehabilitation ist dies tendenziell wichtiger.