Endo-Praxis 2009; 25(1): 5
DOI: 10.1055/s-0029-1202681
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kampf dem Dickdarmkrebs – Viele Möglichkeiten, ein Ziel !

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Publication Date:
09 February 2009 (online)

Der März 2009 wird erneut und bereits traditionell als Aufklärungsinitiative „Darmkrebsmonat 2009” geplant und national mit vielen differenzierten Angeboten für interessierte Laien, betroffene Patienten und Angehörige durchgeführt. Er ist eine enorme Chance, aber auch bedeutende Aufgabe, das Thema Dickdarmkrebs aus der Tabuzone zu befreien, über die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten aufzuklären, die Vorsorgeuntersuchungsteilnahme zu verbessern und die professionelle Qualifikation der verantwortlichen medizinischen Institutionen darzustellen.

Die bisher vorhandenen Endoskopieverfahren sind die wichtigsten effektiven diagnostischen und therapeutischen Instrumente gegen das Dickdarmkarzinom, und die Koloskopie ist die bisher einzige von den gesetzlichen Krankenkassen zugelassene Präventionsmethode zur Gesamtbeurteilung des Kolon. Sie allein hat in den letzten Jahren gezeigt, dass bei 20 % der Allgemeinbevölkerung Polypen und in 1 % Karzinome vorhanden sind und dass mit rechtzeitiger Untersuchung die Sterblichkeit zu vertretbaren Kosten reduziert werden kann.

Also warum die immer wiederkehrende Aufklärung und Betonung der Relevanz dieses Themas ? Bei allen Aktivitäten ist und bleibt die aktuelle Teilnahmefrequenz an den Vorsorgekoloskopien zu niedrig und die Sterblichkeit an der Erkrankung zu hoch. Wir sind weit davon entfernt, das vor Jahren visionäre Ziel einer 50 % Reduktion des Dickdarmkarzinoms in 10 Jahren zu erreichen und es bedarf gewaltiger Anstrengungen, bei einer älter werdenden Gesellschaft ausreichend effektiv zu sein. Alle Praxen als auch Kliniken mit endoskopischen Leistungen sind gut beraten, die generelle Empfehlung zur Teilnahme an der Vorsorge, die Risiko adaptierte Screeningstrategie der betroffenen Personen und die Motivation der noch nicht oder unentschlossenen Personen immer wieder neu zu thematisieren.

Was gibt es beim aktuellen Goldstandard „endoskopische Koloskopie” zu verbessern?

Bei der Vorbereitung zur Untersuchung dient die neue Sedierungsleitlinie der DGVS als auch Positionspapiere zur Kolonvorbereitung als formale Richtlinie. Sie bilden aber auch die Grundlage einer verbesserten Patientenmotivation, denn mittlerweile sind Koloskopievorbereitung und Sedierung die wichtigsten Themen, mit denen die Vorsorgekoloskopie steht oder fällt. Die neueren Daten zur Kolonvorbereitung belegen, dass vor allem die Polyethylenglykol basierten Lösungen den Vorteil bieten, ohne relevantes Nebenwirkungsrisiko besonders bei den alten Patienten allen Anforderungen einer sehr guten Reinigungsqualität zu genügen. Dies wird durch das Vorbereitungssplitting (Einnahme von 50 % der Lösung am Vortag, den Rest am Morgen der Untersuchung), Kombinationslösungen z.B. mit Vitamin C und ein Gesamtvolumen von nur noch 2l unterstützt. Höhere Preise der neuen Lösungen fallen bei den Gesamtkosten kaum ins Gewicht.

Für die Sedierung während der Untersuchung zeigen sich mittlerweile klare Vorteile des Propofol basierten Sedierungsschemas, da mit einer monotherapeutischen Propofolsedierung die Koloskopie sicher, effektiv und komfortabel durchgeführt werden kann. Die Aufwachzeiten sind kürzer als bei Kombinationssedierungen, die Patientenüberwachung ist reduziert. Trotz allem ist aber die Fahrtauglichkeit rechtlich am Untersuchungstag (noch) nicht erlaubt.

Bei der Koloskopiedurchführung zeigt sich nach neuesten Studien, dass bei aller Hektik im klinischen Alltag die Untersuchungsdauer neben der Untersuchererfahrung für die Ergebnisqualität der Koloskopie elementar ist. Das schnelle Erreichen des Zoekalpols sollte von einer mindestens 6–7 Minuten dauernden Rückzugzeit im gesamten Kolon gefolgt sein, da hierdurch die erhebliche Rate übersehener Polypen reduziert werden kann. Im Gegensatz zur konventionellen Koloskopie erreichen aber gerade in den Industrieländern wie USA alternative Verfahren wie die virtuelle Koloskopie mit der Computertomographie oder dem Kernspintomographen zunehmend Akzeptanz. Hier erfolgt eine Abstimmung „mit den Füssen” und entsprechende Werbung vermittelt die Methoden als vergleichbare Standards ohne die „negativen Umstände” einer konventionellen Koloskopie. Dabei wird übersehen, dass bei einer virtuellen Koloskopie ebenfalls eine Vorbereitung notwendig ist, Luft mit entsprechenden Beschwerden insuffliert werden muss, Komplikationen wie Perforationen beschrieben sind, die Untersuchung nur bei größeren Polypen oder Dickdarmkrebs vernünftige Ergebnisse ergibt, die Methode massive Unterschiede der einzelnen Untersucher aufweist, eine Strahlenbelastung bei einer Vorsorgemethode anfällt, nur Diagnostik betrieben werden kann und letztendlich alle weiteren Befunde wie Entzündungen, Angiodysplasien etc. der Methode komplett entgehen. Das Verfahren ist in Deutschland zu Recht auch nicht von Krankenkassen als Vorsorgemaßnahme anerkannt.

Trotzdem wird die Methode sicher weiter Verbreitung finden und wenn nur aus dem Grunde, dass neue Methoden prinzipiell besser sein könnten und man sich als untersuchte Person mit dem Anspruch des High–Tech–Verfahrens versehen kann. Gleiches gilt für die Kolon–Kapsel; hier fehlen aber noch generelle Daten zur Beurteilung der Methode. Das Verfahren verbleibt in den Händen der Gastroenterologen und kann direkt mit der Koloskopie verglichen werden.

Endoskopierende Institutionen werden diese scheinbar schonenden Verfahren berücksichtigen oder auf entsprechende Patientenanfragen eine Antwort finden müssen. Die kann im Falle einer unbedingt gewünschten virtuellen Endoskopie so aussehen, dass der Endoskopiker durch Kooperation mit radiologischen Praxen/Kliniken die Untersuchung vermittelt und bei einem pathologischen Befund die sofortige endoskopische konventionelle Koloskopie durchführt. Das professionelle Netzwerk der verschiedenen Versorgungsbereiche bindet damit den Patienten deutlich besser ein als einen mehrfach untersuchten und verunsicherten Patienten. Institutionen, die in der Zukunft neben der endoskopischen Koloskopie andere Verfahren zur Dickdarmkarzinomprävention anwenden oder alternative Untersuchungsmethoden vermitteln können, sind gut gerüstet und strategisch im Vorteil.

Prof. Dr. med. S. Rossol

M.Sc. F.E.B.G.