Notfallmedizin up2date 2009; 4(3): 193-210
DOI: 10.1055/s-0029-1186089
Reanimation

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ultima-Ratio-Lyse bei erfolgloser kardiopulmonaler Reanimation?

Undine Pittl, Gerhard Schuler, Holger Thiele
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Publication Date:
17 September 2009 (online)

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Kernaussagen

Der plötzliche Herztod (SCA) beschreibt einen unvorhersehbaren und unerwarteten natürlichen, plötzlich auftretenden Tod von Personen mit oder ohne kardiale Grunderkrankung. In mindestens 50–70 % ist entweder ein akuter Myokardinfarkt (AMI) oder eine fulminante Lungenembolie (LE) Ursache des zu den Reanimationsmaßnahmen führenden Ereignisses. Für die Therapie des AMI oder der fulminanten LE stellt die Thrombolyse eine effektive und kausale Therapie dar.

Die Blutgerinnung hat eine erhebliche Relevanz im Hinblick auf die mikrozirkulatorische Reperfusion nach Herz-Kreislauf-Stillstand und Reanimation. Intravaskuläre Fibrin- und Mikrothrombendeposition erfolgt während der Reanimation in der gesamten Mikrozirkulation. In vielen Fällen reicht die körpereigene Thrombolyse nicht aus, um für eine komplette Wiedereröffnung der Strombahn zu sorgen. Selbst durch suffiziente Reaminationsmaßnahmen lässt sich keine Wiederherstellung einer ausgeglichenen Hämostase erreichen. Die medikamentöse Thrombolysetherapie verschiebt dieses intrinsische Gleichgewicht zugunsten der Thrombusauflösung.

In vielen Einzelfallberichten und Fallserien zeigte sich, dass bei Patienten mit prolongierten und frustranen Reanimationsmaßnahmen durch eine Ultima-Ratio-Lyse ein Spontankreislauf (return of spontaneous circulation = ROSC) wiederhergestellt werden konnte und die überlebenden Patienten mehrheitlich in gutem neurologischem Zustand waren.

Endgültige Klarheit sollte die TROICA‐Studie bringen. Das Outcome zwischen lysierten und nicht lysierten Patienten unterschied sich hier zu keinem Zeitpunkt. Zusätzlich traten unter der Thrombolyse signifikant häufiger intrakranielle Blutungen auf. In einer Subgruppenanalyse konnte ein lysebedingter Benefit nur bei Patienten mit stattgehabter Laienreanimation und Kammerflimmern als Initialrhythmus gezeigt werden. Subgruppen-Analysen bei insgesamt negativer Studie sollten aber immer mit entsprechender Vorsicht interpretiert werden, da diese allenfalls als hypothesengenerierend angesehen werden können.

Werden alle Daten der im Beitrag erwähnten Studien gepoolt, zeigt sich keine Verbesserung der Mortalität der Patienten bei Entlassung.

Somit kann die Lyse als Ultima-Ratio-Therapie bei kardiopulmonaler Reanimation zum aktuellen Zeitpunkt nicht empfohlen werden.

Gefordert sind neue randomisierte Studien zur Lyse mit optimaler Thrombozytenaggregationshemmung bei erfolgloser oder prolongierter Reanimation infolge AMI oder fulminanter LE. Bis dahin sollte die Lyse bei frustraner Reanimation infolge vermuteter thrombotischer Ätiologie nicht als Ultima-Ratio-Therapie, sondern nur im Rahmen von kontrollierten Studien erfolgen.