Dtsch Med Wochenschr 1916; 42(20): 603-605
DOI: 10.1055/s-0028-1135148
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Traumatische Thrombose der Vena cava inferior nach Steckschuß

E. Handmann, H. Hofmann - Vertragsärzte des Lazaretts
  • Aus dem Reservelazarett Arnsdorf (Sachsen)
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
14. Juli 2009 (online)

Zusammenfassung

In dem soeben beschriebenen Falle war die Thrombose der unteren großen Hohlvene bedingt durch direkte Verletzung der Venenwand durch ein Infanteriegeschoß. Während sonst in den meisten in der Literatur veröffentlichten Fällen die Thrombose eine aufsteigende war, im Anschluß an thrombotische Vorgänge in den Schenkelvenen etc., handelt es sich hier um einen in der V. cava inferior selbst beginnenden und in beide Vv. iliacae deszendierenden Prozeß. Sehr bemerkenswert ist, daß die Thrombosierung erst etwa 30 Tage nach der Verwundung eine größere, Gefäßverschluß bedingende Ausdehnung erreichte, denn erst da zeigte sich eine ödematöse Schwellung des rechten Fußes, die allmählich zunahm und sich schließlich auf beide unteren Extremitäten bis zur Hüfte und die untere Rückengegend erstreckte. Ziemlich bald mußte es schon zu Lungenembolien gekommen sein, denn der Patient hatte bereits bei seiner Aufnahme in unser Lazarett, am 26. Krankheitstage, ausgesprochene pleuritische und pneumonische Erscheinungen, die, wie die Sektion ergab, auf Lungenembolien zurückzuführen waren. Die schwere Verletzung der Wand der unteren Hohlvene verursachte also, was gewiß ein sehr seltenes Vorkommnis ist, keine größere Blutung und verlief zunächst überhaupt ohne schwere Symptome. Diese traten erst auf, als die Thrombose des Gefäßes Fortschritte machte. Den Anstoß zu ausgedehnter Thrombosierung gab wahrscheinlich erst eine schleichend verlaufende Thrombophlebitis, die daher als sekundäres Moment wesentlich in Betracht kommt. Dies entspricht auch den bisherigen Erfahrungen, und nach Stern (1. c. S. 116) beobachtet man das „schubweise” Fortschreiten bzw. Neuauftreten von Thrombosen bei milde verlaufenden septischen Infektionen. Als Infektionserreger können in unserem Falle mit ziemlicher Sicherheit Kolibazillen angenommen werden, wenn auch der kulturelle Beweis nicht erbracht ist. Jedoch sprechen die Allgemeinerscheinungen, protrahierter Verlauf mit Schüttelfrösten, Durchfall, Ikterus und stark entwickeltem Herpes, für eine Kolisepsis, wie sie besonders von Schottmüller gekennzeichnet worden ist.

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