Dtsch Med Wochenschr 1950; 75(40): 1337-1340
DOI: 10.1055/s-0028-1117672
Therapie

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Biochemische Qualitätsunterschiede verschieden gedüngter Gemüse und ihre Auswirkung im Ernährungsversuch bei Säuglingen1

W. Catel
  • Landeskinderheilstätte Mammolshöhe (Chefarzt: Prof. Dr. Catel)
1 Vortrag, gehalten auf der Tagung des Verbandes Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten in Wiesbaden am 1. März 1950.
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
29. Mai 2009 (online)

Zusammenfassung

1. Die zusätzliche Mineraldüngung zur Stallmistgabe erweist sich bezüglich des Gehaltes der Nahrungspflanzen an lebensnotwendigen Mineralstoffen, insbesondere an Eisen, Kupfer, Phosphorsäure und Kalk, ferner im Karotingehalt eindeutig der alleinigen Stallmistdüngung überlegen und bringt nicht unerhebliche Mehrerträge gegenüber dieser.

2. In langfristigen Ernährungsversuchen an Erwachsenen und Säuglingen wurde in keinem einzigen Fall ein erkennbarer Nachteil bei Verabreichung des kombiniert gedüngten Gemüses beobachtet.

3. Die Untersuchungen an Säuglingen führten zu dem klaren Ergebnis, daß die Ernährung mit Stallmist + NPK gedüngtem Gemüse hauptsächlich bezüglich Gewichtszunahme, Blutbildung, Eisen- und Vitamin-A-Gehalt des Serums sowie Widerstandskraft gegen interkurrente Erkrankungen der Ernährung mit ausschließlich natürlichgedüngtem Gemüse überlegen ist.

Auf Grund dieser Versuchsergebnisse muß eine Kritik an der Leistung Justus v. Liebigs als unberechtigt bezeichnet werden. Die Methodik der exakten Naturwissenschaft gehört der extrospektiven Wirklichkeit an, die sich mit Daseinsbegriffen beschäftigt; die dynamisch-biologische Lehre aber gehört, soweit sie dogmatisch ist, der introspektiven Wirklichkeit an, deren Inhalt Wertbegriffe sind. Erstere ist Erkenntnis, letztere Erlebnis. Insofern steht naturwissenschaftliches und anthroposophisches Denken beziehungslos nebeneinander. Wenn die Anhänger der biologisch - dynamischen Wirtschaftsweise der Behandlung des natürlichen Düngers mit Heilkräutern oder der Mondphase für die Aussaat eine Bedeutung zuschreiben, so ist dies für naturwissenschaftliches Denken irrelevant. Wenn sie aber z. B. aus dem Kalireichtum des Mineraldüngers und dem erhöhten Kaligehalt des Karzinomtumors kritiklos einen Kausalnexus herleiten, derart, daß die Ursache des Krebses die künstliche Düngung ist, dann muß freilich an die Stelle des Laissez faire, laissez passer auf naturwissenschaftlicher Seite die entschlossene Abwehr dieses Geltungsanspruches treten.

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