Thorac Cardiovasc Surg 1957; 5(6): 550-557
DOI: 10.1055/s-0028-1102596
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Zum heutigen Stand der Chirurgie des Thymus

R. Wanke, P. Alnor
  • Chirurgischen Universitätsklinik Kiel (Direktor: Professor Dr. E. Wanke)
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Publication Date:
12 December 2008 (online)

Zusammenfassung

Die Zunahme operativer Eingriffe im Mittelfellraum hat zu einem zunehmenden Interesse an den dort auch seltener vorkommenden Tumoren geführt, so auch zu denjenigen, die ihren Ursprung dem Thymusgewebe verdanken und die etwa 9—13% aller Geschwülste des Mediastinums ausmachen.

Wenngleich die Rolle des Thymus im Organismus noch nicht restlos geklärt ist, so scheint es auch nach neueren Untersuchungen sicher zu sein, daß er bis zur Pubertät eine innersekretorische Funktion ausübt, diese jedoch normalerweise mit Eintritt der Geschlechtsreife erlischt. Gleichzeitig scheinen zur Nebennierenrinde und Schilddrüse Beziehungen zu bestehen. Daneben besteht möglicherweise eine gewisse Beziehung zum Blutdruck sowie zu den Erregungsvorgängen in den motorischen Endplatten der Muskulatur.

Seine chirurgische Bedeutung erhält der Thymus als Mediastinaltumor. Wenngleich die Symptomatik der im Mediastinum vorkommenden Geschwülste zumeist vieldeutig und uncharakteristisch ist, zumal Thymustumoren überall im Bereich des Thoraxraumes vorkommen können, so ist eine Indikation zur Operation stets dann gegeben, wenn eine Thymusvergrößerung bzw. Thymuspersistenz beobachtet wird. Wir wissen, daß neben gutartigen Formen, den sogenannten Thymomen, auch Thymoblastome, die als bösartig anzusehen sind, vorkommen, die zumeist voneinander klinisch nicht zu unterscheiden sind. Es besteht damit eine Parallele zu den sogenannten stillen Tumoren der Lunge, die eine absolute Indikation zur Operation darstellen, weil sie ohne Freilegung nicht sicher als gutartig erkannt werden können und damit zunächst als evtl. bösartig angesehen werden müssen. Außerdem scheint die bösartige Form, das Thymoblastom, sich aus der gutartigen Form, dem Thymom, zu entwickeln, so daß eine rechtzeitige Operation angezeigt ist, bevor eine maligne Entartung eingetreten ist.

Entgegen der früheren Ansicht, daß die Thymektomie bei der M.gr.ps. stets angezeigt ist, tritt die Mehrzahl der Autoren heute mehr für die konservative Behandlung mit Prostigmin ein, wenngleich gewisse Beziehungen zwischen Thymus und dem Krankheitsbild der M.gr.ps. zu bestehen scheinen und gelegentlich eine dramatische Besserung einer M.gr.ps. nach Thymektomie beobachtet wurde.

Der Wert einer Strahlenbehandlung kann auf Grund zu geringer Erfahrungen noch nicht abgeschätzt werden.