Thorac Cardiovasc Surg 1961; 9(6): 624-635
DOI: 10.1055/s-0028-1101257
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Veränderungen des weißen Blutbildes nach thoraxchirurgischen Eingriffen

G. Brandesky
  • II. Chirurgischen Universitätsklinik in Wien (Vorstand: Prof. Dr. H. Kunz)
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Publication Date:
12 December 2008 (online)

Zusammenfassung

Auf Grund von über 250 Leukozytenbestimmungen und nahezu 100 Differentialblutbildauszählungen bei 55 Patienten konnte gezeigt werden, daß es nach thoraxchirurgischen Eingriffen (Probethorakotomien, Lobektomien, Pneumonektomien) zu charakteristischen Veränderungen des weißen Blutbildes kommt. Diese Veränderungen übersteigen in Höhe und Dauer den Rahmen der üblichen Reizbeantwortung von Stress-Situationen.

Es kommt

  1. zu einer Neutrophilie mit Linksverschiebung, die 5 Stunden postoperativ mit 910% des präoperativen Ausgangswertes ihr Maximum erreicht und dann bis gegen den 10. postoperativen Tag langsam abnimmt.

  2. zu einer Lymphopenie, die ebenfalls 5 Stunden postoperativ am ausgeprägtesten ist und Werte von durchschnittlich 33% des Ausgangswertes aufweist. Gegen den 10. Tag erfolgt eine langsame Normalisierung.

  3. zu einer Monozytose, die in der Zeit zwischen 3œ Stunden nach Operationsbeginn und 2. postoperativem Tag mit Steigerungen auf über 200% des Anfangswertes am stärksten ist und sich ebenfalls erst am 10. postoperativen Tag normalisiert.

Diese Veränderungen bedingen insgesamt eine Leukozytose, die 3œ Stunden nach Operationsbeginn mit Werten von durchschnittlich 18.600 ihr Maximum erreicht und dann auf Durchschnittswerte von 14.000 Leukozyten zurückgeht. Diese Leukozytose bleibt bis gegen den 10. oder 15. postoperativen Tag bestehen.

Da die Leukozyten nach Stress-Situationen, wie sie etwa abdominelle Eingriffe darstellen, höchstens noch am folgenden Tag und auch dann nur in wesentlich geringerem Ausmaß erhöht sind, wird neben dem die Leukozytenveränderungen im Sinne der vegetativen Gesamtumschaltung nach Hoff bedingenden Stress ein weiterer, den Thorakotomien spezifischer Faktor für die Blutbildveränderungen verantwortlich gemacht. Dieser wird in einer in der Regel nach thoraxchirurgischen Eingriffen während der ersten postoperativen Phase bestehenden latenten Hypoxaemie gesehen, deren mögliche Ursachen dargelegt werden. Diese Ansicht wird durch das Auftreten einer Retikulozytose im peripheren Blut, durch die Ergebnisse blutgasanalytischer Untersuchungen sowie durch analoge Blutbildveränderungen bei Aufenthalten in großen Höhen bekräftigt.

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