Dtsch Med Wochenschr 2008; 133(48): 2530
DOI: 10.1055/s-0028-1100953
Korrespondenz | Correspondence
Frage aus der Praxis
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bisphosphonate bei ossärem Befall durch ein Bronchialkarzinom

R. Bartl
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Publication Date:
19 November 2008 (online)

Bei einer Patientin mit ossärer Metastasierung bei Bronchialkarzinom, die aufgrund ihrer Immobilität die Praxis nicht aufsuchen kann, besteht der Verdacht auf eine Osteoporose. Welche oralen Optionen bestehen bezüglich zugelassener Bisphosphonate (im Krankenhaus hat sie einmalig Zoledronsäure intravenös erhalten)?

Patienten mit Bronchialkarzinom haben zum Zeitpunkt der Diagnose bereits in 15 % der Fälle einen bioptisch gesicherten Knochenmarkbefall. Autopsiestudien belegen Knochenmetastasen in 35 % der Fälle. Eine betont lytische Komponente war in 18 %, eine gemischt lytisch/sklerotische Knochenläsion in 27 % und eine fehlende Knochenreaktion in 25 % der von uns untersuchten positiven Knochenbiopsien zu finden. Trotz der häufig osteolytischen Knochenreaktion gibt es bei diesem Karzinom nur wenige Bisphosphonatstudien, möglicherweise wegen der kurzen Überlebenszeit nach Auftreten von Metastasen.

Bei Patienten mit Bronchialkarzinom bewirkt Zoledronat (Zometa®) eine signifikante Verringerung des Anteils der Patienten mit „skeletal related events” (SREs, z. B. Hyperkalzämie oder Osteolysen) gegenüber Placebo. Weiterhin fiel die die mediane Zeit bis zum Auftreten der ersten SRE in der Zoledronatgruppe um mehr als 2 Monate länger aus als in der Placebogruppe. Die „multiple-event-Analyse” wies eine Senkung des Risikos für SREs bei mit Zoledronat therapiertenPatienten gegenüber der Placebogruppe um 26 % nach. Die Patienten dieser Studie hatten insgesamt mit einer medianen Überlebenszeit von nur 6 Monaten eine schlechte Prognose. So betrachtet ist eine Verlängerung der medianen Zeit bis zur ersten SRE um etwa 2 Monate ein bedeutender Fortschritt. Die rasche analgetische Wirkung des Bisphosphonats konnte auch bei diesem Tumor nachgewiesen werden. In einer experimentellen Arbeit wurde bei Adenokarzinomzellen der Lunge eine Apoptose-Induktion durch Bisphosphonat belegt.

Unter Berücksichtigung dieser klinischen Daten ist es ratsam, eine Bisphosphonattherapie auch dann fortzuführen, wenn die intravenöse Gabe von Zoledronat aus organisatorischen Gründen Probleme bereitet, z. B. wie in diesem Fall, wenn die Patientin immobil ist und die Praxis nicht regelmäßig aufsuchen kann. Eine orale Therapie ist in dieser Situation sinnvoll und praktisch umsetzbar. Bei der Wahl eines oralen Bisphosphonates besitzt bei diesem Tumor bisher nur Clodronat die Zulassung. Die Tagesdosis von 2 – 4 Filmatabletten Clodronat (z. B. Ostac® 520 mg) sollte auf einmal z. B. morgens nüchtern – eine Stunde vor dem Frühstück – mit Leitungswasser eingenommen werden.

Diese hohe und wenig praktikable tägliche Dosis eines Bisphosphonats der ersten Generation kann heute ersetzt werden durch eine kleine Tablette Ibandronat, einem Bisphosphonates der dritten Generation. Ibandronat ist in der Wirkung vergleichbar mit Zoledronat, hat aber den Vorteil der Option zwischen einer oralen und intravenösen Applikationsform. Für den praktikablen oralen Einsatz eines Bisphosphonates in der Onkologie bietet sich daher heute Ibandronat (Bondronat® 50 mg Filmtabletten) einmal täglich an. Die Tablette muss wie alle oralen Bisphosphonate nüchtern eine halbe Stunde vor dem Frühstück eingenommen werden, ist aber wesentlich kleiner als eine vergleichbare Clodronat-Tablette und damit einfacher zu schlucken. Zugelassen ist Ibandronat allerdings bisher nur bei Patientinnen mit Brustkrebs und Knochenmetastasen. Falls – wie im beschriebenen Fall – die monatliche intravenöse Gabe des zugelassenen Zoledronats nicht möglich ist, sollte eine Absprache mit der Krankenkasse kein Problem darstellen. Die Wirkung von 50 mg Ibandronat täglich oral ist vergleichbar mit 6 mg Ibandronat monatlich intravenös. Diese Dosisäquivalenz haben Vergleichsstudien mit dem primären Endpunkt der Reduktion von Knochenschmerzen bei Patienten mit metastasierten Mammakarzinom gezeigt.

Eine schwerwiegende und relative häufige Nebenwirkung intravenöser Bisphosphonate in der Onkologie sind Kiefernekrosen. Unter der oralen Gabe von Ibandronat ist diese Komplikation meines Wissens nach bisher nicht aufgetreten oder beschrieben worden. Auch eine Verschlechterung der Nierenfunktion ist nicht zu erwarten. Somit hat die orale Gabe von Ibandronat auch in der Onkologie ein günstiges Nebenwirkungsprofil.

Prof. Dr. Reiner Bartl

Bayerisches Osteoporosezentrum der Universität München – Campus Großhadern

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