Planta Med 1968; 16: 24-45
DOI: 10.1055/s-0028-1099941
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

COCARCINOGENE WIRKSTOFFE AUS EUPHORBIACEEN

Erich Hecker
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Publication Date:
15 January 2009 (online)

Zusammenfassung

Die toxisch, entzündlich und cocarcinogen wirksamen Prinzipien des Crotonöls konnten in den letzten Jahren aus derhydrophilenFraktiondes Öls erstmals isoliert, rein dargestellt und in ihrer chemischen Struktur aufgeklärt werden. Es handelt sich um elf bisher unbekannte Fettsäure–(12,13)–diester A1–A4 und Br–B–eines polyfunktionellen, tetracyclischen Diterpens Phorbol, das durch schonende Umesterung von Crotonöl zugänglich ist und selbst keine biologische Wirkung zeigt. Ein Teil der natürlich vorkommenden Wirkstoffe sowie zahlreiche weitere hochwirksame Phorbol–(12,13)–diester wurden durch Partialsynthese aus Phorbol dargestellt. Alle isolierten Phorbol–(12,13)–diester wurden auf Grund quantitativer Untersuchungen der Dosis–Wirkungsbeziehungen an der Mäusehaut als Cocarcinogene im Sinne von tumorpromovierenden, d. h. bedingt tumorauslösenden Wirkstoffen erkannt. Damit ist sichergestellt, daß die Tumorgenese der Mäusehaut durch Zusammenwirken von subcarcinogenen Dosen aromatischer Kohlenwasserstoffe mit geeigneten Dosen von Phorbol–(12,13)–diestern eines der ganz wenigen Modelle darstellt, die für eine Untersuchung des biochemischen Mechanismus der Tumorgenese geeignet sind.

Die biologisch praktisch inaktive hydrophobe Fraktion des Crotonöls enthält Phorbol–(12,13,20)–triester. Nach Aktivierung durch selektive Abspaltung der Säurereste aus der Estergruppe an C–20 lassen sich zwei Wirkstoffgruppen A' und B' isolieren. Die Wirkstoffgruppe A' enthält die Wirkstoffe A1–A4 und Monopalmitin, die auch in der hydrophilen Fraktion des Crotonöls enthalten sind, sowie einen weiteren Wirkstoff A'1, der als 12–O–n–Butyryl–phorbol–(13)–tigliat erkannt wurde.

Aus dem entzündlichen und cocarcinogenen Samenöl der in Mitteleuropa heimischen Springwolfsmilch (Euphorbia lathyris) sowie dem ebenfalls entzündlichen und cocarcinogenen Milchsaft der tropischen Euphorbia ingens konnte – neben mehreren in E. lathyris enthaltenen biologisch inaktiven Diterpenfettsäureestern – ein neues Cocarcinogen isoliert werden. Es kommt in den beiden Species gleichermaßen vor und ist ein Palmitinsäureester eines polyfunktionellen Diterpens C20H28O5.

Der neue Typ von Diterpenfettsäureestern aus Euphorbiaceen ist von größtem Interesse sowohl für ein tieferes Verstehen des Mechanismus der Tumorgenese und der Carcinogenese auf biologischer und molekularer Ebene als auch für unser Wissen um mögliche Gefahren in der Umwelt des Menschen.

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