Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0028-1098815
© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York
Adipositaschirurgie
Bariatric SurgeryPublication History
Publication Date:
25 February 2009 (online)
Übergewicht von Patienten war schon immer ein Problem, mit dem sich jeder praktisch tätige Chirurg auseinandersetzen musste. Früher beschäftigten sich die Chirurgen aber fast ausschließlich mit den Folgen des Übergewichts, d. h. der erhöhten technischen Schwierigkeit von abdominellen Operationen und der erhöhten postoperativen Morbidität dieser Patienten. Die Therapie der Adipositas lag fast ausschließlich in der Hand der konservativen Medizin. Das hat sich zwischenzeitlich grundsätzlich geändert. Der Chirurg spielt heutzutage gerade in der Therapie der morbiden Adipositas eine immer wichtigere Rolle.
Die Häufigkeit der morbiden Adipositas, d. h. ein Body-Mass-Index von über 40 kg / m2 nimmt leider auch in Deutschland stark zu. Ein derart hohes Körpergewicht stellt für die betroffenen Personen ein enormes gesundheitliches Risiko dar. Die Sterblichkeit ist bei Frauen mit einem BMI von > 40 kg / m2 um das Doppelte und bei Männern sogar um das Dreifache erhöht. Typische Folgekrankheiten sind ein Diabetes mellitus Typ II, ein Hypertonus, eine Hyperlipidämie, das Schlafapnoesyndrom, kardiovaskuläre Probleme und interessanterweise auch eine erhöhte Inzidenz von Malignomen.
Bei der überwiegenden Mehrzahl der fettleibigen Patienten ist eine zu hohe Kalorienzufuhr im Vergleich zum Kalorienverbrauch das Grundproblem. Es gibt dementsprechend eine unüberschaubare Zahl von Diätplänen, Fitnessprogrammen sowie medikamentösen oder psychologischen Therapieverfahren, um manifestes Übergewicht zu beseitigen. Große Studien haben aber gezeigt, dass etwa 95 % aller Patienten, die versuchen auf konservativem Wege ihr Übergewicht zu reduzieren, trotz anfänglicher Erfolge nach 2 Jahren wieder ihr ursprüngliches Maximalgewicht erreicht oder gar überschritten haben. Dies gilt ganz besonders für Patienten mit morbider Adipositas. Für diese Patienten stellt die bariatrische Chirurgie derzeit den einzigen Ausweg dar.
Was die Zahl der bariatrischen Eingriffe angeht, ist Deutschland noch absolutes Entwicklungsland. In Frankreich oder Österreich ist die Operationsfrequenz pro Million Einwohner mehr als 6-mal, in den USA über 20-mal so hoch. Dabei sind die Erfolge der bariatrischen Chirurgie unbestritten. Je nach Operationsverfahren kommt es zu einer dauerhaften Gewichtsreduktion von 40 bis 80 % des Übergewichts. Gleichzeitig verschwinden bei einem großen Teil der Patienten die oben genannten sekundären Begleiterkrankungen. Dementsprechend wird die Langzeitmortalität dieser Patienten signifikant verringert. Die bariatrische Chirurgie ist demnach zweifelsfrei eine lebensverlängernde Therapie. Als Viszeralchirurgen müssen wir uns also mehr als bisher mit diesem neuen Gebiet der Chirurgie auseinandersetzen.
Das Zentralblatt für Chirurgie will dazu seinen Beitrag leisten. In diesem Heft werden daher in 9 Beiträgen verschiedene Aspekte der Adipositaschirurgie behandelt. Entsprechend dem klinischen Ablauf werden die Operationsindikation, Probleme der Anästhesie, die derzeit gängigen verschiedenen Operationstechniken, die postoperative Nachbehandlung und letztendlich auch die notwendigen plastischen Korrektureingriffe besprochen.
Die Adipositaschirurgie stellt ein aufregendes und viel versprechendes neues Feld der Viszeralchirurgie dar. Sie ist der Beginn einer neuen Art der Chirurgie, deren Hauptzweck es ist, den körpereigenen Stoffwechsel zu verändern und dadurch Stoffwechselstörungen zu therapieren. Inwieweit sich diese so genannte metabolische Chirurgie in Zukunft durch Einführung neuer Operationsverfahren weiterentwickeln und bei bestimmten Stoffwechselerkrankungen eine Alternative zur bisherigen medikamentösen Therapie wird, bleibt abzuwarten.
Prof. Dr. Dr. h. c. Ulrich T. Hopt
Dr. Wojciech Karcz
Prof. Dr. Dr. h. c. U. T. Hopt
Abteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie mit Poliklinik · Chirurgische Universitätsklinik
Hugstetter Str. 55
79106 Freiburg
Phone: 07 61 / 2 70 28 06
Fax: 07 61 / 2 70 28 04
Email: ulrich.hopt@uniklinik-freiburg.de