Klin Monbl Augenheilkd 2008; 225 - D38
DOI: 10.1055/s-0028-1096413

Lebersche Optikusneuropathie (LHON)

R Wienrich 1, S Meltendorf 1, W Behrens-Baumann 1
  • 1Universitäts-Augenklinik Magdeburg

Hintergrund: Die Lebersche Optikusatrophie ist eine erblich bedingte Erkrankung des N. opticus. Sie wird nicht über die genetische Information des Zellkerns vererbt, sondern über die genetische Information der Mitochondrien im Zellplasma und tritt vor allem bei Männern zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr auf. Die Lebersche Optikusatrophie äußert sich vor allem in einer deutlichen Reduktion der Sehschärfe und einem Ausfall des zentralen Gesichtsfeldes. Kasuistik: Im April 2007 stellte sich in unserer Ambulanz ein 19-jähriger Abiturient mit einer seit 2 Wochen bestehenden Sehverschlechterung des linken Auges vor. Der bestkorrigierte Visus betrug am linken Auge Hell-Dunkel-Wahrnehmung, im Computergesichtsfeld war ein Zentralskotom nachweisbar. Bei beidseits unauffälligem Vorderabschnitts- und Fundusbefund erfolgte unter der Verdachtsdiagnose Retrobulbärneuritis bei Enzephalomyelitis disseminata die Vorstellung in der Klinik für Neurologie. Sowohl das durchgeführte cMRT als auch die Liquor- und Labordiagnostik waren unauffällig. Unter einer hoch dosierten systemischen Prednisolontherapie kam es zu einer geringfügigen Visusbesserung und Beschwerdelinderung. Nach 2 Monaten stellte sich der Patient mit nun auch am rechten Auge auftretender ähnlicher Symptomatik vor. Der Visus betrug rechts 0,7, links 0,1. Das VEP zeigte eine Amplitudenreduktion mit Potentialverplumpung, links waren Potentiale nur bei großer Karogröße nachweisbar. Das Computergesichtsfeld wies nun auch rechts ein Zentralskotom auf. Eine erneute Vorstellung in der Klinik für Neurologie und Hochdosis-Prednisolon-Therapie fand statt. Am rechten Auge kam es zu einem weiteren Visusabfall auf 0,1. Da es sich für eine Encephalomyelitis disseminata um einen untypischen Verlauf handelte, wurde bei Verdacht auf Lebersche Optikusneuropathie (LHON) eine molekulargenetische Diagnostik veranlasst, die einen für die LHON typische Gendefekt nachwies. Bei gesicherter Diagnose erfolgte eine ausführliche Beratung des Patienten bezüglich der Erkrankung und der sich hiermit ergebenden Berufsfelder. Schlussfolgerung: In den meisten Fällen manifestiert sich die LHON im juvenilen Alter und fällt somit oft in die Berufsfindungphase. Da eine Visusrehabilitation nicht möglich ist und keine spezielle Therapie zur Verfügung steht, ist die Beratung und Aufklärung diesbezüglich empfehlenswert. Des Weiteren ist die Abklärung der Erkrankung und ggf. Einleitung einer speziellen Diät bei weiteren Geschwistern somit frühzeitig möglich.