Zusammenfassung
Hintergrund und Problemstellung: Vitamine werden hierzulande in der Regel in ausreichendem Maß über pflanzliche und tierische Nahrung aufgenommen. Bei bestimmten Erkrankungen, speziellen Diäten oder Fehlernährung sowie durch die Einnahme von Antivitaminen und in der Schwangerschaft bzw. Stillzeit kann es zu leichten bis schweren Vitaminmangelerscheinungen kommen, die von unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit und Appetitlosigkeit bis hin zu schwersten Erkrankungen wie Blutbildungsstörungen oder einer Enzephalopathie reichen können.
Methode: Eine ausführliche Literaturrecherche wurde insbesondere auf folgende Fragestellung hin durchgeführt: Hat die hochdosierte parenterale Gabe eines oder mehrerer Vitamine bei asymptoma-tischen Patienten oder solchen mit unspezifischen Allgemeinbeschwerden einen positiven Einfluss auf Morbidität oder Mortalität?
Ergebnisse: Es werden viele heterogene Therapiekonzepte angeboten, die sich bezüglich der Substanzkombination und der Applikationshäufigkeit unterscheiden. In der Mehrzahl der Fälle werden Mischpräparate aus B-Vitaminen, teilweise kombiniert mit Folsäure, Vitamin C und Mineralien angeboten, die als intramuskuläre oder intravenöse Injektion verabreicht werden. Selbst bei klassischen Indikationen für eine parenterale Vitamingabe (z. B. Vitamin B12-Mangel) zeigt die aktuelle Studien-lage, dass die orale Applikation der parenteralen nicht unterlegen ist. Es konnte keine Studie gefunden werden, die belegt, dass Patienten ohne Symptome einer Vitaminmangelerscheinung oder mit unspezifischen Allgemeinbeschwerden von einer parenteralen Vitamingabe bezüglich einer Reduktion von Morbidität oder Mortalität profitieren. In einigen hochwertigen systematischen Übersichtsarbeiten konnte gezeigt werden, dass die hochdosierte Gabe bestimmter Vitamine bei asymptomatischen Patienten keine Verbesserung der Lebensqualität bewirkt.
Schlussfolgerung: Eine parenterale Gabe von Vitaminpräparaten sollte nur bei schweren Vitaminmangelerscheinungen erfolgen, die nicht durch eine enterale Substitution behandelt werden können.
Abstract
Background and problem: In Germany, vitamins are generally contained in sufficient quantities in the crop and animal products consumed. In the case of certain diseases, special diets, malnutrition, when taking vitamin antagonists and in pregnancy, or when breast-feeding, mild to severe vitamin deficiencies are possible, taking the form of unspecific symptoms such as fatigue and lack of appetite to severe illnesses such as decreased hematopoiesis or encephalopathy.
Method: A thorough literature search was carried out, particularly with regard to the question whether in asymptomatic patients, or those with unspecific general health complaints, the parenteral application of one or several vitamins in high doses had a positive influence on morbidity or mortality.
Results: There are many heterogeneous therapy regimes are provided, making use of differing substance combinations and administration frequencies. In most cases, compound application containing B-vitamins, sometimes combined with folic acid, vitamin C and minerals are administered as intramuscular or intravenous injections. Even in classical indications for the parenteral administration of vitamins (e.g. vitamin B12 deficiency), existing studies show that oral administration is as effective as parenteral. No study could be found that supported the view that patients without vitamin deficiency symptoms, or with unspecific general health complaints, benefited from the parenteral administration of vitamins in terms of lower morbidity or mortality. Some high quality systematic reviews showed that high doses of certain vitamins led to no improvement in the quality of life of asymptomatic patients.
Conclusion: The parenteral administration of vitamin supplements should only be performed in cases of severe vitamin deficiency symptoms and in case oral administration is impossible.
Schlüsselwörter
Vitamine - parenteral - Nutzenbewertung - individuelle Gesundheitsleistung
Key words
vitamins - parenteral - critical appraisal - Medical services on individual demand (IGeL)