Sprache · Stimme · Gehör 2008; 32(4): 183
DOI: 10.1055/s-0028-1090054
Kunst und Kommunikation

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Jedes Ende ist ein neuer Anfang

Peter Eich
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Publication Date:
09 December 2008 (online)

Wolfgang Mündl, Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling (Mischtechnik, 2005).

Die Diskussion darüber, ob und was ein Werk der bildenden Kunst dem Betrachter sagen muss oder sollte, zieht sich durch die gesamte Kunstgeschichte hin. Heutzutage wird der Kunstbegriff viel weiter, offener gesehen; alles kann Kunst sein oder zur Kunst erklärt werden – spätestens seit Beuys wissen wir, „dass jeder Mensch ein Künstler ist”. Kunstwerke sind nicht mehr dem Wahren, Schönen, Guten gewidmet (Inschrift auf dem Giebel der Frankfurter Oper), die Kunst nimmt sich heute aller Themen und Gegenstände an, seien sie noch so trivial. Insofern ist der Zugang zur zeitgenössischen Kunst mitunter auch erschwert, vor allem für Menschen, die noch dem bildungsbürgerlichen, herkömmlichen Kunstbegriff verhaftet sind – der aber noch genau so gilt wie der heutige. Leonardo da Vinci und Michelangelo haben sich ja keinesfalls überlebt.

„Was wollte uns der Künstler mit dem Werk sagen?” ist eine heute oft gebrauchte Frage, mit der eben diese herkömmliche Kunstbetrachtung ironisiert werden soll – als spießig, gestrig. Dessen ungeachtet gibt es immer noch Künstler, die ihrem Werk mit dem Titel eine Aussage geben, die sinnfällig ist. Also eben nicht „Blau 23” oder so, sondern wie in der heutigen Folge unserer Serie zum Beispiel „Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling”. Das ist eine sehr schöne Sentenz, stimmt sie einem doch über einen Sachverhalt nachdenklich, den man sonst kaum so wahrnimmt: Der schöne Schmetterling, der uns an Sommertagen erfreut, war zuvor eine unscheinbare Raupe – und die gibt es jetzt nicht mehr. Die „Geburt” des Schmetterlings war das Ende der Raupe. Wir kennen dafür auch den Satz „Jedes Ende ist ein neuer Anfang”, den das Beispiel Raupe / Schmetterling sehr schön illustriert.

Der zeitgenössische Künstler Wolfgang Mündl[*] hat das Thema mit einem Bild erfasst, dass in seiner Farbgebung (die im Schwarz-Weiß-Druck hier leider nicht zur Geltung kommt) an die Impressionisten gemahnt; die Frau, die dem Schmetterling rechts nachschaut, ist in einem überaus kräftigen Blau gemalt, das mit einem dunkelroten Streifen zu ihren Füßen kontrastiert. Der Hintergrund und der Schmetterling selbst sind in zarten Tönen gehalten.

Das Motiv von Wolfgang Mündl wurde bewusst gewählt, weil es nach 34 Folgen das Ende der Serie „Kunst und Kommunikation” markiert. Und ganz in diesem Sinn soll auch die Botschaft zu Leserinnen und Lesern kommen: Ab dem nächsten Heft gibt es was Neues, viel Neues, die ganze Zeitschrift wird – na, sie wird schön und munter wie eben ein Schmetterling!

Peter Eich

1 Geboren 1952, lebt in Dietzenbach.

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