Z Gastroenterol 2008; 46 - K11
DOI: 10.1055/s-0028-1089845

Lebensbedrohliche autoimmunhämolytische Anämie unter einer Interferontherapie bei einem Patienten mit chronischer Hepatitis C

J Wiegand 1, W Pönisch 2, E Edel 3, J Mössner 1, HL Tillmann 1
  • 1Universität Leipzig, Medizinische Klinik und Poliklinik II, Leipzig, Germany
  • 2Universität Leipzig, Abt. für Hämatologie und Onkologie, Leipzig, Germany
  • 3Universität Leipzig, Abt. für Transfusionsmedizin, Leipzig, Germany

Einleitung: Die Indikation zur Therapie einer chronischen Hepatitis C mit pegyliertem Interferon alfa plus Ribavirin wurde zuletzt erweitert und wird mittlerweile auch bei normwertigen Transaminasen oder in Abwesenheit einer deutlichen Leberfibrose gestellt. Bei vielen Patienten besteht jedoch keine unbedingte Therapienotwendigkeit, so dass die Erfolgsraten der Therapie gegen Nebenwirkungen und den eventuell langsam progredienten Spontanverlauf kritisch abgeschätzt werden müssen.

Fallbericht: Bei einem 66-jährigen beschwerdefreien Patienten wurde bei der Abklärung erhöhter Transaminasen (ALT 2-fach, AST 1,5-fach über der Norm) eine chronische Hepatitis C diagnostiziert (HCV-RNA 1,9 Mio. IE/ml, Genotyp 1b). Die Histologie zeigte nur minimale entzündliche und fibrotische Veränderungen (Grading 1, Staging 1 nach Ishak). Es wurde eine Therapie mit pegyliertem Interferon alfa-2a 180 mcg 1x/Woche s.c. plus Ribavirin 1200mg/d p.o. eingeleitet. Zu Therapiewoche 12 lag eine Early Virologic Response vor (HCV-RNA 264 IE/ml) vor. Nach 24 Wochen war die HCV-RNA negativ.

Aufgrund einer zunehmenden Anämie (Hb 7,9g/dl) musste Ribavirin in Woche 26 auf 600mg/d reduziert werden, bevor es in Woche 27 bei einem anhaltenden Hb-Wert von 7,9g/dl pausiert wurde. Im Anschluss stieg der Hb-Wert auf 8,4g/dl an. Die Interferontherapie wurde unverändert fortgesetzt.

In Woche 32 trat eine akute Verschlechterung mit Leistungsinsuffizienz, Dyspnoe und Schwindel auf. Es lag ein Hb-Wert von 4,0g/dl vor. Als Ursache wurde eine autoimmunhämolytische Anämie mit irregulären erythrozytären Antikörpern nachgewiesen. Es erfolgten eine stationäre Aufnahme über 14 Tage, Transfusion von 12 Erythrozytenkonzentraten, Applikation von 80g Immunglobulinen i.v. und Einleitung einer hochdosierten Prednisolon-Therapie (100mg/d i.v.). Interferon wurde abgesetzt. Nach Entlassung wurde Prednisolon über 6 Monate reduziert. Ein Relapse der HCV-RNA trat in Woche 34 auf.

Schlussfolgerung: Eine Interferontherapie kann zu schweren Nebenwirkungen führen. Die Therapieindikation sollte daher in jedem Einzelfall kritisch hinterfragt werden. Im vorliegenden Fall wurde bei allenfalls relativer Therapieindikation eine lebensbedrohliche Komplikation hervorgerufen, die eventuell notwendige Transfusionen in Zukunft erschweren wird.