Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - PO_Endo_04_02
DOI: 10.1055/s-0028-1089320

Behandlungserfahrungen und Geschlechtsidentität bei „XY-Frauen“– - Ergebnisse der Hamburger Intersex-Studie

K Schweizer 1, V Schönbucher 1, F Brunner 1, K Schützmann 1, H Richter-Appelt 1
  • 1Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie, Hamburg, Deutschland

Der Überbegriff der Intersexualität (DSD, disorders of sex development) trifft auf Personen zu, deren prä- und postnatale Geschlechtsentwicklung untypisch verläuft. Bei der Geburt oder zu einem späteren Zeitpunkt entsprechen die geschlechtsdifferenzierenden und -determinierenden Merkmale nicht alle einem Geschlecht. „XY-Frauen“ z.B. haben ein weibliches Erscheinungsbild bei „männlichem“ Chromosomensatz (46, XY). In manchen Fällen wird Intersexualität erst in der Pubertät im Rahmen der gynäkologischen Erstuntersuchung festgestellt, z.B. nach Ausbleiben der erwarteten Menarche bei kompletter Androgenresistenz (CAIS) oder durch das Auftreten plötzlicher Virilisierung bei den Störungen der Androgenbiosynthese.

Im Rahmen der Hamburger Intersex Studie wurden über 70 erwachsene Personen (Alter: 17–60J.) mit verschiedenen Formen der Intersexualität zu medizinischen Behandlungs-erfahrungen, Geschlechtserleben und Aspekten der Lebensqualität befragt. Die meisten der Teilnehmenden wurden nach der Geburt dem weiblichen Geschlecht zugewiesen, medizinisch geschlechtszuweisend behandelt (z.B. durch Gonadektomien, Hormonersatztherapie, Genitaloperationen) und leben heute in der weiblichen Geschlechtsrolle bei weiblicher, teils verunsicherter Geschlechtsidentität. Ergebnisse von „XY-Frauen“ mit CAIS (n=14) und Störungen der Androgenbiosynthese (n=7) werden präsentiert hinsichtlich des Erlebens der eigenen Intersexualität. Der Fokus richtet sich auf die Behandlungserfahrungen und das individuelle Geschlechtserleben.