Zeitschrift für Palliativmedizin 2008; 9 - PP_404
DOI: 10.1055/s-0028-1088542

Kommunikation mit Sterbenden – Beschreibung eines Seminars aus der palliativmedizinischen Ausbildung der Universität Witten/Herdecke

C Schulz 1, M Möller 1, H Haynert 1, O Schmalz 1, MW Schnell 1
  • 1Institut für Ethik und Kommunikation im Gesundheitswesen, Arbeitsgruppe Palliativmedizin, Witten

Einleitung: Das Lebensende von Menschen mit Krebserkrankungen ist gekennzeichnet von somatischen und psychosomatischen Krankheitssymptomen, die mit Unsicherheit, Verzweiflung und existentieller Angst einhergehen können (Nauck 2001; Ellershaw 2003; Doyle 2005). Dabei wird die Arzt-Patient-Kommunikation, sowohl von Patienten als auch Angehörigen als einer der wichtigsten Punkte in der Begleitung am Lebensende angesehen (Steinhauser, Christakis et al. 2000). Qualitativ hochwertige Palliativversorgung können nur Ärzte leisten, die frühzeitig lernen effektiv zu kommunizieren (Baile and Aaron 2005). Allerdings fehlen für das Medizinstudium in Deutschland wissenschaftlich fundierte Modelle für die curriculare Lehre der Kommunikation am Lebensende. Ein Pilotprojekt zur Verbesserung der kommunikativen Fähigkeiten von Medizinstudenten stellt die palliativmedizinische Ausbildung an der Universität Witten/Herdecke dar. Sie wird im Folgenden vorgestellt. Methode: Eine Literaturrecherche ergab ausschließlich Studien geringer Evidenz. Da keine deutschsprachigen, randomisiert kontrollierten Studien über Lehrinterventionen oder offene Effektstudien zur curricularen palliativmedizinischen Lehre vorliegen, wurde im angloamerikanischen Raum gesucht. Die gefundenen Studien waren deskriptiv und hatten einen Evidenzgrad C. Ergebnisse: Als Hauptergebnisse zeigten sich (a) ein Mangel an Konsistenz über die Inhalte palliativmedizinischer Lehre im Medizinstudium, (b) eine zu geringe formale Evaluation von Curricula in der Palliativmedizin und (c) ein Fokus auf Wissens- und Fertigkeitenvermittlung bei gleichzeitigem Fehlen von Konzepten zur Vermittlung von palliativmedizinischer Haltung (Lloyd-Williams and MacLeod 2004). Anhand des Seminars „Kommunikation mit Sterbenden“ an der Universität Witten/Herdecke wird gezeigt, wie das palliativmedizinische Aufklärungsgespräch über lebensbegrenzende Diagnosen (BBN) in Kleingruppenarbeit, Rollenspielen, Realpatientenkontakt und weiteren interaktiven, feedbackorientierten Methoden gelehrt werden kann. Im Fordergrund steht, wie diese Methoden für die palliativmedizinische Lehre erschlossen und genutzt werden können und dadurch die kommunikative Ausbildung von Medizinstudenten verbessern wird. Ausblick: Erste Ergebnisse der Lehrevaluation mittels des Instrumentes Collett-Lester Fear of Death Scale (revised version) (Lester et al. 2003) weisen einen positiven Effekt im Bereich der Selbstwirksamkeit der Seminarteilnehmer (‘selfefficacy'; Bandura 1984) und damit der palliativmedizinischen Versorgung auf. Die Ergebnisse der Erhebung werden in Kürze veröffentlicht. Indes gibt es noch viel zu tun, dazu bedarf es weiterer Forschung auf diesem Gebiet.