Fragestellung: Ziel des vorliegenden Projektes ist eine Einschätzung des Bedarfs an spezialisierter Palliativversorgung im stationären (Hospiz- und Palliativbetten) und ambulanten Bereich (ambulante „Palliativ-/Hospiz-Dienste“) für die drei südostbayerischen Landkreise Mühldorf am Inn, Altötting und Rottal-Inn. Methoden: Kern der Erhebung ist die postalische Befragung von Ärzten im stationären und niedergelassenen Bereich sowie von leitenden Pflegekräften (Stationsleitungen von Krankenhäusern, Pflegedienstleitungen von ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen) mittels eines eigens entwickelten Fragebogens. Ergebnisse: Auswertung von 235 Fragebögen (150 Ärzte, 85 leitende Pflegekräfte, Rücklaufquote: Ärzte 38%, Pflegende 71%). Es besteht ein großer Mangel an Zeit (oft 45%, sehr oft 23%) und Personal. Im Bereich der Schmerz- und Symptomkontrolle liegt nur Basiswissen vor, spezielle Kenntnisse fehlen (z.B. wenden nur 15% der Ärzte eine Subkutandauerinfusion an, 58% setzen nie oder selten Benzodiazepine bei Atemnot ein). Große Unsicherheit besteht in der Beantwortung ethisch-rechtlicher Fragestellungen. Durch spezialisierte ambulante Teams könnten nach Meinung von 55% der Hausärzte und 89% der Notärzte Klinikeinweisungen verhindert werden. Bezüglich der „palliativmedizinischen Kompetenz“ zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen der Selbsteinschätzung der niedergelassenen Ärzte (72% fühlen sich sicher oder sehr sicher in der Palliativbetreuung) und der Fremdeinschätzung durch die Pflegenden (durchschnittliche Schulnote 3,6). Vorhandene hospizliche und palliative Einrichtungen erfreuen sich großer Akzeptanz (Zusammenarbeit eher positiv 29%, positiv 66%). Der Bedarf für weitere palliative Einrichtungen wird als hoch eingeschätzt. Pflegende äußern im Vergleich mit den Ärzten einen deutlich höheren Fortbildungsbedarf (Schmerztherapie: Ärzte 48%, Pflege 99%; Gesprächsführung: Ärzte 56% Pflege 99%). Schlussfolgerung: Durch die parallele Befragung von Ärzten und Pflegenden gelingt es, deutliche Hinweise für Versorgungsdefizite von Palliativpatienten im ländlichen Raum herauszufiltern. Aus den Antworten sind klare Hinweise für den Bedarf und die Struktur neu zu schaffender palliativer Versorgungseinrichtungen zu erkennen. Insbesondere dürfte die Etablierung von Konsiliarteams im stationären und ambulanten Bereich das Schließen bestehender Wissens- und Versorgungslücken erleichtern.