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DOI: 10.1055/s-0028-1088475
Das Beenden künstlicher Ernährung und Flüssigkeitsgabe bei Patienten mit weit fortgeschrittenen neurologischen Erkrankungen
Einleitung: Patienten mit neurologischen Erkrankungen erhalten häufig im fortgeschrittenen Stadium eine Ernährungssonde (PEG), teilweise gegen den eigenen Willen (Patientenverfügung) oder den Willen ihrer Vertreter (Betreuer/Bevollmächtigte). Das oft aufgeführte, wissenschaftlich nachweisbar falsche Argument ist „Wir können doch den Patienten nicht verhungern und verdursten lassen“. Methoden: Wir berichten über den Entscheidungsprozess und den klinischen Verlauf bei 10 Patienten mit weit fortgeschrittenen neurologischen/neurodegenerativen Erkrankungen, bei denen im Rahmen eines Aufenthalts auf unserer Palliativstation die Frage nach Einstellung oder Nicht-Einleitung einer künstlichen Ernährung/Flüssigkeitsgabe eruiert wurde. Ergebnisse: Im Zeitraum 5/06–5/08 wurde bei 10 Patienten (6m, 45–90J.) mit neurologischen Erkrankungen eine Therapiezieländerung durchgeführt. Bei 3 Pat. lag eine Demenz vor, bei weiteren 3 Pat. eine zerebrale Ischämie, bei 2 Pat. ein apallisches Syndrom, bei einem Pat. ein Morbus Fahr und bei einem Pat. ein ausgedehntes Subduralhämatom. Bei allen Pat. konnte aufgrund von Patientenverfügungen oder eindeutigen Angaben der Angehörigen der Patientenwillen bzgl. Lebensverlängerung eruiert werden. Allerdings war es in 7 Fällen für die Familie eine große Erleichterung, dass die Entscheidung zur Nicht-Einleitung/Nicht-Fortführung der künstlichen Ernährung/Flüssigkeitsgabe vom Arzt aufgrund einer fehlenden medizinischen Indikation gestellt wurde. Der klinische Verlauf bis zum Tode der Pat. (1–10 Tage) unter engmaschiger Symptomkontrolle und intensiver Mundpflege wurde in allen Fällen von Angehörigen und Teammitgliedern gleichermaßen als friedlich und symptomfrei beurteilt. Schlussfolgerungen 1. Künstliche Ernährung/Flüssigkeitsgabe ist eine medizinische Maßnahmen, die der Patient oder sein Vertreter ablehnen kann. 2. Die Anlage einer PEG-Sonde ist bei einer weit fortgeschrittenen neurodegenerativen Erkrankung nach derzeitigem Wissensstand in der Regel nicht indiziert. 3. Bei fehlender Indikation ist das Beenden einer künstlichen Ernährung/Flüssigkeitsgabe eine medizinische Entscheidung, für welche der Arzt die Verantwortung trägt – das kann eine große Entlastung für die Familie sein. 4. Alle engen Familienangehörige sollten in den Entscheidungsprozess eingebunden werden, um Konflikten vorzubeugen. 5. Die Einbeziehung des Gesamtteams (Seelsorger, Pflegende, Sozialarbeiter, Psychologen) in den Gesprächen mit der Familie hat sich sehr bewährt.