Zeitschrift für Palliativmedizin 2008; 9 - PW_233
DOI: 10.1055/s-0028-1088469

Ist die Beforschung eines gesteigerten Todeswunsches im Rahmen einer systematischen Studie möglich?

J Walisko-Waniek 1, M Galushko 1, F Nauck 2, L Radbruch 3, C Ostgathe 1, R Voltz 1
  • 1Universität Köln, Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin, Köln
  • 2Universität Göttingen, Abteilung Palliativmedizin, Göttingen
  • 3Universitätsklinikum Aachen, Klinik für Palliativmedizin, Aachen

Fragestellung: Die Frage nach einem gesteigerten Todeswunsch auf einer Palliativstation wird in der Regel erst dann besprochen, wenn der Patient dieses Thema von sich aus anspricht. Im Rahmen einer systematischen Studie zum gesteigerten Todeswunsch soll diese Thematik bereits kurz nach Aufnahme bei der Vorstellung der Studie angesprochen werden. Ist dies eine zumutbare Belastung für die Betroffenen? Wie ist die Reaktion der Befragten? Methode: Im Zeitraum vom 19.11.07–31.03.08 wurden im Rahmen des DFG-geförderten Paketantrags „Das Lebensende gestalten“ auf den Palliativstationen in Aachen, Bonn und Köln 112 Patienten von Ärzten hinsichtlich ihrer Teilnahmefähigkeit an einer Validierungsstudie des Instruments zur Messung eines gesteigerten Todeswunsches (SAHD-D) beurteilt. Bei einer Entscheidung für die Teilnahme des Patienten wurden der HOPE Basisbogen, ein Fremdeinschätzungsinstrument zum Todeswunsch und der Mini-Mental-Status-Test (MMST) erhoben. Bei einem Gesamtscore ≥21 im MMST wurden der HADS (Hospital Anxiety and Depression Scale), sowie der EORTC QLQ-C15 PAL und SAHD-D in einem Interview erhoben. Die Interviews endeten mit zwei Fragen zu Bedürfnissen und Wünschen der Patienten und einem Nachgespräch. Ergebnisse: Von 112 durch den Arzt beurteilten Patienten wurden 56 (50%) wegen einer möglichen Gefahr der physischen oder psychischen Überforderung, sowie mangelnden Deutschkenntnissen als nicht teilnahmefähig eingeschätzt. Von 56 teilnahmefähigen Patienten lehnten 12 die Befragung ab, da sie nicht über Tod und Sterben sprechen wollten, sich körperlich nicht in der Lage fühlten oder mit anderen Entscheidungsprozessen beschäftigt waren. Bei 23 Patienten konnte ein Interview aufgrund einer raschen Verschlechterung oder frühzeitigen Entlassung nicht durchgeführt werden. Letztlich kamen 18 Interviews zustande. Fragen zum Thema Todeswunsch werden von diesen Patienten als hilfreich, interessant und nicht als belastend empfunden. Schlussfolgerung: Die routinemäßige Bitte um eine Studienteilnahme ist für die als teilnahmefähig beurteilten Patienten keine Belastung. Von 112 Patienten konnten 18 (16%) befragt werden. Bei diesen hatte das strukturierte Interview einen therapeutischen Effekt. Allerdings liegt die Herausforderung einer strukturierten Befragung in der Gefahr einer Überforderung der Patienten und in der Frage, wann ein Interview noch den Bedürfnissen und Ressourcen eines Patienten entspricht. Die Studie wird gefördert von der DFG (GZ: VO 497/4–1) im Rahmen des Paketantrags „Das Lebensende gestalten“