Ziel: Analyse der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und der Kosten bei Patienten mit Tourette-Syndrom (TS).
Hintergrund: Das TS ist durch motorische und vokale Tics gekennzeichnet. Die Prävalenz bei über 18-jährigen liegt bei 0,3–0,5%. Die Ursache des TS ist unbekannt, eine Heilung ist nicht möglich. Bisher stehen keine Studien zur Verfügung, die die Belastung durch die Erkrankung untersucht haben.
Patienten und Methoden: An der Studie nahmen 200 TS-Patienten (entsprechend ICD-10 Kriterien) (150Männer, Durchschnittsalter 35.0±11.5J) aus drei verschiedenen Zentren (Hannover, Hamburg, München) teil. Mithilfe eines per Post versendeten Fragebogens wurden soziodemographische, klinische und gesundheitsbezogene Daten erhoben. Darüber hinaus wurden die gesundheitsbezogene Lebensqualität (EQ-5D) und die Stimmung (Beck Depressions Inventar, BDI) erfasst. Der Schweregrad des TS wurde mittels einer Selbstbeurteilungsskala (Tourette-Syndrome Symptom List, TSSL) und eines Fremdbeurteilungsbogens durch den Arzt (Shapiro Tourette-Syndrome Severity Scale, STSSS) dokumentiert. Direkte und indirekte Kosten wurden anhand diverser ökonomischen Quellen ermittelt und von der gesellschaftlichen Perspektive aus berechnet.
Ergebnisse: Die gesundheitsbezogene Lebensqualität war bei den Patienten eingeschränkt. Der Mittelwert der EQ VAS von 65,4 lag unter dem Durchschnitt der Normalbevölkerung (77,4). Nach uni- und multivariater Analyse konnte ein signifikanter Einfluss der depressiven Symptomatik (BDI-MW:13,08) sowie der Summe der Tics auf die Lebensqualität festgestellt werden. Die durchschnittlichen gesamten direkten Kosten pro Patient in dem Beobachtungszeitraum von 3 Monaten beliefen sich auf Eur118,89. Die Kalkulation der Krankenhauskosten ergab einen Mittelwert von Eur195,81, jene für die TS-bedingte Medikation von Eur351,28. Die indirekten Kosten stellten mit durchschnittlich Eur1385,87 einen noch höheren Betrag dar.
Diskussion: Das TS hat signifikanten Einfluss auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität und zeigt eine hohe ökonomische Belastung sowohl für den Patienten als auch für die Gesellschaft. Daran hat nicht nur – wie zu erwarten – die Schwere und Anzahl der Tics – sondern auch Komorbiditäten wie etwa eine Depression Anteil. Unsere Ergebnisse verdeutlichen einerseits, wie wichtig für den einzelnen Patienten Diagnosestellung, Betreuung und Behandlung aller Symptome ist und andererseits, welche ökonomische Relevanz auch selteneren Erkrankungen zukommt.