Einleitung: Sympathisch unterhaltene Schmerzen (SMP) sind ein fakultatives Symptom bei neuropathischen Schmerzsyndromen, die durch eine signifikante Schmerzreduktion auf Sympathikusblockaden gekennzeichnet sind.
Fallbeschreibung: Ein 24-jähriger Patient stellte sich mit seit 4 Jahren progredienten Brennschmerzen, Rötung und vermehrter Schweißsekretion der rechen Gesichtshälfte vor. Der Symptomkomplex trat zunächst nur bei schwerer körperlicher Belastung auf, anschließend wurde er bereits durch leichte Anstrengung ausgelöst.
Methoden und Ergebnisse: Im Laser Doppler Scanner zeigte sich nach Belastung im Seitenvergleich ein signifikanter Anstieg der Hautdurchblutung und eine Hyperhidrosis der betroffenen Gesichtshälfte bei unauffälliger weiterer autonomer Diagnostik ohne Hinweis auf eine generalisierte autonome Insuffizienz oder Neuropathie. Die MRT-Bildgebung zur Detektion von Pathologien im Verlauf der zentralen und peripheren Sympathikusbahn war ohne wegweisenden Befund. Sympathikusblockaden (ipsilaterales Ganglion stellatum) führten reproduzierbar zum Sistieren der autonomen Symptome und der Schmerzen der betroffenen Gesichtshälfte.
Diskussion: Das Harlequin-Syndrom beschreibt typischerweise eine schmerzlose einseitige Gesichtsrötung bei physischer Anstrengung als Folge eines Ausfalles der sympathischen Gesichtsinnervation auf der kontralateralen Seite. Es wird postuliert, dass die thermoregulatorische Gesichtsrötung nach Belastung durch eine aktive sympathische Vasodilation vermittelt wird. Dementsprechend ist die Pathologie beim klassischen Harlequinsyndrom auf die blasse Gesichtshälfte zu beziehen durch Ausfall der sympathischen Innervation. In unserem Fall lag eine ipsilaterale pathologische Gesichtsrötung und eine Hyperhidrosis assoziiert mit Schmerzen vor, während die kontralaterale Seite eine normale Thermoregulation zeigte. Pathophysiologisch können eine Sympathikusreizung oder sekundäre Veränderungen an den Effektororganen als Folge einer partiellen (bildgebend nicht nachweisbaren) Sympathikusläsion verantwortlich sein. Daher lässt sich die Symptomatik am ehesten als ‘paradoxes’ Harlequinsyndrom beschreiben. Der Erfolg der Sympathikusblockade zeigt, dass die Symptomatik durch eine Pathologie im sympathischen Nervensystem bedingt ist und spiegelt einen ungewöhnlichen Fall eines sympathisch unterhaltenen Schmerzes wider.
Unterstützt durch BMBF (Netzwerk neuropathischer Schmerz, 01EM0504) und Pfizer Germany (unrestricted educational grant)