Hintergrund: Epidemiologische Studien zur psychischen Gesundheit von ausländischen Migranten in Deutschland liegen trotz der hohen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Relevanz kaum vor. Dabei sind epidemiologische Daten die entscheidende Grundlage für eine adäquate medizinische Versorgung dieser Zielgruppe. Das Ziel der folgenden Untersuchung ist die Analyse der 12-Monats-Prävalenzraten von psychischen Störungen bei in Deutschland lebenden ausländischen Migranten. Methodik: Spezifische Auswertung des Zusatzsurveys „Psychische Störungen“ aus dem Bundesgesundheitssurvey 1998/99, in dem die psychische Gesundheit durch ein computergestütztes klinisches Interview (DIA-X/M-CIDI) erfasst wurde. Hierbei wurden die 3.847 Teilnehmer in die Gruppe „autochthone Deutsche“ (deutsche Staatsangehörigkeit, in Deutschland geboren; n=3704) und „ausländische Migranten“ keine deutsche Staatsangehörigkeit und nicht in Deutschland geboren; n=143) aufgeteilt. Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass die 12-Monats-Prävalenz für psychische Störungen insgesamt (ohne Nikotinabhängigkeit) bei ausländischen Migranten bei 42,4% liegt, wobei deutliche Geschlechterunterschiede bestehen (Männer: 36,5% vs. Frauen: 48,2%). Zu den häufigsten Störungen zählen dabei somatoforme Störungen (21,4%), affektive Störungen (18,9%) sowie die Angststörungen (15,6%). Der Vergleich mit den von Jacobi et al. [1] erfassten Prävalenzraten für die Allgemeinbevölkerung zeigt, dass ausländische Migranten stärker von psychischen Störungen betroffen sind (Allgemeinbevölkerung: Gesamtprävalenz 31,1%, somatoform 11%, affektiv 11,9%, Angststörungen 14,5%). Diskussion: Die hier gefundenen Unterschiede zeigen die Notwendigkeit der differenzierten Betrachtung der Prävalenzraten für Migranten- und Nicht-Migranten-Gruppen auf. Außerdem stellen sie eine Grundlage für die weitere bisher diffizitäre Erforschung von migrantenspezifischen Erklärungsansätzen sowie für die Entwicklung von kultursensiblen medizinischen Versorgungsmaßnahmen dar.
Literatur:
[1] Jacobi F, Klose M, Wittchen HU. Psychische Störungen in der deutschen Allgemeinbevölkerung: Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und Ausfalltage. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 2004; 47: 736–744