Gesundheitswesen 2008; 70 - A196
DOI: 10.1055/s-0028-1086421

Soziale Ungleichheit und Gesundheitsversorgung am Beispiel Hypertonie. Ergebnisse des Bundes-Gesundheitssurvey 1998

A Starker 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund: Bluthochdruck ist in Deutschland weit verbreitet. Epidemiologischen Studien belegen, dass Hypertonie in sozial benachteiligten Gruppen häufiger festgestellt wird [1]. Inwieweit soziale Ungleichheit auch Einfluss auf die Versorgungssituation von Hypertonikern hat, ist Gegenstand der vorliegenden Auswertung. Material/Methoden: Im Bundes-Gesundheitssurvey 1998 wurden neben den Fragen zur Hypertonie, deren Risikofaktoren sowie Angaben zum Arzneimittelgebrauch bei n=7.102 Probanden der Blutdruck gemessen. Zur Bestimmung der Prävalenz wurde folgende Definition der Hypertonie zugrunde gelegt: Blutdruck >=140/90mmHg und/oder Einnahme antihypertensiver Medikamente und normaler Blutdruck. Zur Bewertung der Versorgung von Hypertonikern wurden der Behandlungs- und der Kontrollgrad herangezogen. Der Behandlungsgrad kennzeichnet den Anteil der Personen mit antihypertensiver Therapie (Medikamente), der Kontrollgrad das Ausmaß der erzielten medikamentösen Blutdruckkontrolle [2]. Die Zuordnung der Teilnehmer zu einer sozialen Statusgruppe erfolgt anhand des Winkler-Index, einem Score in den Einkommen, Bildung und Stellung im Beruf eingehen [3]. Inwieweit der Sozialstatus Einfluss auf die Versorgung von Hypertonikern hat, wurde mittels logistischer Regression bestimmt. Ergebnisse: Gemäß der Definition weisen rund 51% der Männer und 44% der Frauen eine Hypertonie auf. Die Daten zeigen ein Missverhältnis zwischen behandelter und kontrollierter Hypertonie. Unter den Hypertonikern erhalten 30,5% der Männer und 48,8% der Frauen eine medikamentöse Behandlung, aber nur knapp ein Viertel gelten als kontrolliert hyperton. Hinsichtlich des Einflusses sozialer Ungleichheit auf die Versorgungssituation zeigt sich, dass der Behandlungsgrad bei Befragten in ungünstiger sozialer Lage größer ist, als bei sozial Bessergestellten. In multivariaten Analysen ist dieser Unterschied für die Frauen signifikant. Probanden mit niedrigem Sozialstatus weisen jedoch eine ungünstigere Verteilung der Risikofaktoren (z.B. Übergewicht) für Hypertonie auf. Beim Kontrollgrad sind keine Unterschiede hinsichtlich Sozialstatus sichtbar. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse belegen die weite Verbreitung der Hypertonie. Es kann gezeigt werden, dass der Behandlungsgrad von Hypertoniepatienten durch bereits bestehende Risikofaktoren beeinflusst wird und dass diese in sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen häufiger auftreten. Der Kontrollgrad ist, jedoch unabhängig vom sozialen Status, gering.

Literatur:

[1] Robert Koch-Institut (Hrsg). Armut, soziale Ungleichheit und Gesundheit. Expertise der Robert Koch-Instituts zum 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Berlin:RKI, 2005

[2] Prugger C, Heuschmann PU, Keil U. Epidemiologie der Hypertonie in Deutschland und weltweit. Herz 2006; 31: 287–293

[3] Winkler J, Stolzenberg H. Der Sozialschichtindex im Bundes-Gesundheitssurvey. Das Gesundheitswesen 1999; 2/61: 178–183