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DOI: 10.1055/s-0028-1086354
Zum Nutzen der Identifikation und Beratung rehabilitationsbedürftiger Personen mit Diabetes mellitus Typ 2 mit Hilfe des Lübecker Algorithmus – eine randomisierte, kontrollierte Studie unter Versicherten der Hamburg Münchener Krankenkasse
Hintergrund: Nach dem Lübecker Algorithmus wird Rehabilitationsbedarf erwogen, wenn für Versicherte mit einer chronischen Erkrankung aktuell eine so vielfältige Behandlung nötig ist, dass sie im System der kassenärztlich-ambulanten Versorgung nicht mehr zu organisieren und zu bewältigen ist [1]. Entwickelt im Rahmen des Norddeutschen Rehaforschungsverbundes [2] wurde der Lübecker Algorithmus nun erstmals von einer Gesetzlichen Krankenkasse eingesetzt. Damit wird ein aktives Zugehen eines Trägers von Rehabilitationsleistungen auf potenziell rehabilitationsbedürftige Versicherte realisiert. Der Nutzen eines solchen Vorgehens sollte in einer randomisierten, kontrollierten Studie evaluiert werden. Methodik: Für 30- bis 70-jährige Versicherte in vier Bundesländern führte die Hamburg Münchener Krankenkasse Datenbankrecherchen durch. Versicherte mit Hinweis auf eine Diabetes-Erkrankung wurden angeschrieben. Bei (selbst)bestätigter Diabeteserkrankung und Studieneinwilligung wurde mithilfe eines Fragebogens der Rehabedarf ermittelt. Rehabedürftige Versicherte wurden auf zwei Studienarme randomisiert. Die Teilnehmer der Interventionsgruppe (IG) erhielten eine individuelle Rückmeldung über die identifizierten Problembereiche. Ihnen wurde empfohlen, zusammen mit dem behandelnden Arzt eine Rehaantragstellung zu erwägen. Für die Kontrollgruppe (KG) blieb es bei „usual care“. Nach 12 Monaten fand die Katamnesebefragung aller Studienteilnehmer statt. Ergebnisse: Von 1.822 angeschriebenen Versicherten meldeten sich 965, 471 füllten den Screeningbogen aus. 223 Versicherte mit Rehabedarf wurden identifiziert. An der Katamnesebefragung nahmen 184 Versicherte teil (Responserate 82.5%; IG n=91, KG n=93). Ausgangslagenunterschiede zwischen den beiden Gruppen zeigten sich nicht. Die IG entwickelte sich im Vergleich zur KG in Parametern des Gesundheitszustandes wie der sozialen Teilhabe vorteilhafter. So nahmen bspw. der allgemeine subjektive Gesundheitszustand, das Diabeteswissen und der BMI-Score einen signifikant günstigeren Verlauf. Die Anzahl an Beeinträchtigungstagen reduzierte sich in der IG stärker. Diskussion: Die eingesetzte Forschungsmethodik zur Evaluation von Versorgungsangeboten kann belastbare Evidenz für Wirksamkeitsaussagen schaffen und sollte weiterverfolgt werden. Obwohl nur wenige Versicherte der Empfehlung einer Rehateilnahme nachkamen (IG 25% versus KG 5%) zeigte das gewählte Vorgehen messbare positive Effekte.
Literatur:
[1] Raspe H. Bedarf an rehabilitativen Leistungen: Zur Theorie von Bedarfsermittlungen („needs assessment“). Rehabilitation 2007; 3–8
[2] Dodt B, Peters A, Heon-Klin V, Matthis C, Raspe A, Raspe H. Reha-Score für Typ 2 Diabetes mellitus: Ein Instrument zur Abschätzung des Rehabedarfs. Rehabilitation 2002; 41: 237–248