Gesundheitswesen 2008; 70 - A113
DOI: 10.1055/s-0028-1086338

Die Bedeutung betreuter Wohngruppen in der Versorgung demenzkranker Menschen

HJ Boschek 1, KJ Kügler 1
  • 1Gesundheitsamt des Ennepe-Ruhr-Kreises, Schwelm

Einleitung/Hintergrund: Ambulant betreute Wohngruppen (z.B. KDA-Modell) für demenzkranke Menschen werden in zunehmendem Maße als Fortschritt in der Betreuung demenzkranker Menschen diskutiert. Angehörige, Anbieter von Betreuungs- und Pflegeleistungen und Wohnungseigentümer sehen diese Betreuungsform als zukunftsweisende Alternative zu stationärer Pflege. Es stellt sich die Frage welche Bedeutung solche Modelle bei der Versorgung von Demenzkranken haben können. Material und Methoden:Über eine Datenbank der Landesinitiative Demenzservice wurde eine Abschätzung der Verfügbarkeit solcher Angebote in NRW vorgenommen. Die Fachliteratur wurde nach Konzepten, Organisationsformen, Qualitätssicherungsaspekten, Finanzierungsmodalitäten und der Beteiligung von Angehörigen ausgewertet. Ergebnisse: Ambulante Wohngruppen für Demenzkranke sind bisher selten. Solche Angebote stehen für rund 1% der Betroffenen zur Verfügung. Sie finden sich vor allem in großstädtischen Bereichen. Die Konzeptionen unterscheiden sich sowohl von den Zielgruppen (Schweregrad der Demenz), der Organisationsform, der Finanzierung und der Einbindung von Angehörigen. Neben der Frage nach der Organisation der Pflege und Betreuung bestehen die größten praktischen Probleme bei der Finanzierung. Die Dynamik der Kleingruppen erfordert ein hohes Engagement aller Beteiligten und eine hohen Steuerungsaufwand. Die ambulanten Versorgungsangebote bieten weniger Ansätze für eine Rationalisierung; sie sind daher tendenziell teurer als eine stationäre Pflege. Die finanziellen Folgen sind vor allem für den Sozialhilfeträger bedeutsam. Diskussion: Ambulante Wohngruppen bieten die Chance individuelle Betreuung von Menschen mit Demenzerkrankungen zu organiseren. Die Tagesstrukturierung und die individuelle Betreuung der kranken Menschen können grundsätzlich besser als in stationären Einrichtungen gestaltet werden. Die spezifischen Betreuungskonzepte müssen aber noch systematisch evaluiert werden. Die rechtlichen Fragen lassen sich grundsätzlich lösen. Der hohe finanzielle Aufwand für die örtliche Sozialhilfe lassen die Wohngruppen als ein zukunftsträchtiges Modell der Versorgung demenzkranker Menschen erscheinen, allerdings kann wahrscheinlich höchstens ein Teil der Betroffenen mit einem solchen Modell betreut werden. Für eine umfassende gute und zuverlässige Betreuung aller Demenzkranker müssen neue Verbundkonzepte entwickelt werden.