Gesundheitswesen 2008; 70 - A65
DOI: 10.1055/s-0028-1086290

„Syndromic Surveillance“– State-of-the-Art und Umsetzungsmöglichkeiten in Europa

A Ziemann 1, T Krafft 1 L Garcia Castrillo Riesgo 2, für die SIDARTHa Projektgruppe
  • 1GEOMED Research GmbH, Bad Honnef
  • 2Universidad de Cantabria, Santander

Einleitung: „Syndromic Surveillance“ basierend auf der Aktivität von Gesundheitseinrichtungen bietet die Möglichkeit, frühzeitiger vor Gesundheitsrisiken zu warnen als traditionelle Überwachungssysteme, z.B. basierend auf Labordiagnosen. In dem durch die Europäische Kommission geförderten Projekt SIDARTHa (Fördernummer: HT 100953) werden erstmals die Möglichkeiten von „Syndromic Surveillance“ für den europäischen Kontext evaluiert. Basierend auf routinemäßig erhobenen Daten des Rettungsdienstes und von Notaufnahmen wird im Verlauf des Projektes ein europäisches „Syndromic Surveillance“-System entwickelt und getestet. Der Vortrag stellt die Ergebnisse des ersten Projektabschnittes als Grundlage für die Systemkonzeption vor: die Analyse des internationalen State-of-the-art sowie der europäischen Surveillancelandschaft. Material und Methoden: Die Projektgruppe hat eine umfassende, systematische Literatur- und Internetrecherche durchgeführt, die durch leitfadengestützte Experteninterviews, u.a. mit Betreibern von Surveillancesystemen, ergänzt wurde. Auf europäischer Ebene wurden neben den Initiativen der Europäischen Union die politischen Rahmenbedingungen und Surveillancestrukturen der Nationalstaaten untersucht. Die Ergebnisse der internationalen State-of-the-Art-Analyse definieren die Basis für die Konzeption von SIDARTHa, die europäischen Gegebenheiten bilden die Rahmenbedingungen für die Umsetzung. Ergebnisse: „Syndromic Surveillance“ ist v.a. in Nordamerika basierend auf verschiedenen Datenquellen erprobt und evaluiert worden. Häufig handelt es sich um Notaufnahmen, die teils manuell, teils automatisiert Daten bereitstellen. Surveillancenetzwerke und Frühwarnsysteme in Europa basieren durchweg auf den traditionellen Surveillancestrukturen der Nationalstaaten, die nicht für die Frühwarnung oder Identifizierung unbekannter Krankheiten geeignet sind. Rettungsdienstsysteme, die routinemäßig elektronische Daten zu Zeit, Ort und Krankheitsbild in Echtzeit generieren, werden international selten für „Syndromic Surveillance“ genutzt. Die Frühwarnkapazität von Rettungsdienstdaten ist in Europa in Einzelstudien für grippeähnliche und für hitzebedingte Krankheiten nachgewiesen worden. Schlussfolgerungen: Das SIDARTHa-Surveillancesystem kann die bestehenden Strukturen in Europa sinnvoll ergänzen, indem es Routinenotfalldaten auf lokaler Ebene automatisch und in Echtzeit verarbeitet und frühzeitig an die bestehenden Referenzzentren und Netzwerke auf nationaler und europäischer Ebene berichtet. Das SIDARTHa-Projekt wird erstmals umfassend die Kapazität von Notfalldaten zur Generierung von Syndromen und zur Frühwarnung evaluieren.

Literatur:

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[5] http://ecdc.europa.eu/Activities/Surveillance.html

[6] http://www.firstwatch.net