Gesundheitswesen 2008; 70 - A29
DOI: 10.1055/s-0028-1086254

Ethnizität als Variable in klinischen Studien – ein Problem für Ethikkommissionen in Deutschland?

T Krones 1, C Wewetzer 2
  • 1Ethikkommission, Bioethik-Klinische Ethik, Philipps-Universität Marburg
  • 2Zentrum für Gesundheitsethik, Hannover

Studien werden zunehmend durch internationale Konsortien durchgeführt. Davon werden viele Studienprotokolle in den USA entwickelt. Häufig werden die Studien in Deutschland nach der Votierung auch in Deutschland den Ethikkommissionen zur Bewertung vorgelegt. Hinsichtlich der den Ethikkommissionen vorgelegten Studienprotokolle und Dokumentationsformulare der Patientendaten (Case Report Forms, CRF) findet sich immer häufiger eine Dokumentation der Ethnizität („race“) von Patienten, in unterschiedlicher Form, ohne von außen erkennbare Kategorisierungskriterien. In immer mehr pharmakologischen Studien werden auch pharmakogenetische/genomische Substudien mitgeführt, bei der laut Studienprotokoll Subgruppenanalysen durchgeführt werden. Ob dies für den Faktor Ethnizität/„Rasse“ durchgeführt wird, ist in der Regel nicht ersichtlich. Dass es ethnizitäts-/genetisch bedingte Unterschiede in der Wirkung und Nebenwirkung von Arzneimitteln gibt, wird mehr und mehr berichtet. Als ein Beispiel sei die geringere Wirksamkeit von ACE-Hemmern bei schwarzen Amerikanern genannt. Die Konzepte der Studien, welche vorgelegt werden, sind jedoch in aller Regel nicht geeignet, valide Aussagen zu ethnisch begründeten Unterschieden zu treffen. Ethische Probleme, die bislang jedoch kaum diskutiert werden, ergeben sich für die Ethikkommissionen in vielfältiger Weise: 1) Wie sinnvoll sind die vorgelegten Kategorisierungen? 2) Soll für die Erhebung der Ethnizität/„Rasse“ gesondert aufgeklärt werden? Welcher Begriff soll im deutschen Kontext dann für „Race“ verwendet werden? 3) Müssen Studien, wenn Unterschiede zu erwarten sind, für Differenzen zwischen diesen Gruppen gepowert sein, um ethisch vertretbar zu sein (wobei die nicht ausreichende Power für Geschlecht/Ethnizität kaum einen Versagensgrund für die Genehmigung einer Arzneimittelstudie darstellt). 4) In welchem Maße sind Pharmafirmen berechtigt oder sogar verpflichtet, die Substudienergebnisse zu publizieren? An Beispielen und anhand von Leitlinien aus den USA zum Umgang mit „race“ und „ethnicity“ wird die ethische Problematik dargestellt und diskutiert.