Gesundheitswesen 2009; 71(1): 3-9
DOI: 10.1055/s-0028-1086010
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur Verständlichkeit der Qualitätsberichte deutscher Krankenhäuser: Systematische Auswertung und Handlungsbedarf

On the Comprehensibility of German Hospital Quality Reports: Systematic Evaluation and Need for ActionJ. Friedemann 1 , H.-J. Schubert 1 , D. Schwappach 1
  • 1Universität Witten/Herdecke Medizinische Fakultät Management von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. Januar 2009 (online)

Zusammenfassung

Zielsetzung: Die vorliegende Arbeit setzt sich mit den aktuellen Beschlüssen zur Neufassung der Qualitätsberichte deutscher Krankenhäuser für das Jahr 2007 auseinander. Im Mittelpunkt des Interesses stand die Verständlichkeit dieser Berichte für den Patienten. Die Arbeit analysiert daher den Schriftteil der Qualitätsberichte deutscher Krankenhäuser. Ziel war es, anhand objektiver wissenschaftlicher Messmethoden verlässliche Aussagen über ihre Verständlichkeit für Patienten zu erlangen. Herausgefunden werden sollte auch, ob Unterschiede zwischen großen und kleinen bzw. privaten und öffentlichen Einrichtungen bestehen. Anhand der gewonnenen Ergebnisse sollten Schlussfolgerungen auf die aktuelle Gesetzeslage und die Vorgaben für die Qualitätsberichte gezogen werden.

Methodik: Analysiert wurde der im Internet veröffentlichte schriftliche Systemteil von 200 Krankenhäusern in der bis zum 28.05.2007 aktuellsten Version. Die Auswahl erfolgte mittels gesteuerter Stichprobe. Die Stichprobenstruktur entspricht bezüglich der Parameter Bettenzahl und Trägerschaft im Wesentlichen der Gesamtstruktur des deutschen Krankenhauswesens. Die eigentliche Auswertung erfasste computergestützt alle formalen Textmerkmale und Fremdwörter. Für jeden Text wurde der Lesbarkeitsindexwert gemäß aller bekannten Lesbarkeitsformeln für die deutsche Sprache berechnet.

Ergebnisse: Die Qualitätsberichte deutscher Krankenhäuser sind nur für Patienten lesbar, die über überdurchschnittliche Lese- und Sprachfähigkeiten verfügen. Sie enthalten über 10% Fremdworte, 17% der gewählten Worte und 60% der gebauten Sätze sind zu lang. 10% der Sätze sind zu komplex und 25% enthalten mehr als drei Fremdworte. Um die Texte zu verstehen, bedarf es gemäß Lesbarkeitsindizes mindestens der Allgemeinen Hochschulreife. Ihr Schwierigkeitsgrad ist vergleichbar mit dem philosophischer Abhandlungen. Die meisten Qualitätsberichte deutscher Krankenhäuser sind für die meisten Patienten nicht lesbar und nachvollziehbar. Gravierende Unterschiede bezüglich Größe und Trägerschaft der Kliniken gibt es nicht.

Schlussfolgerungen: Die Lesbarkeit und Verständlichkeit der Texte für Patienten wird in den aktuellen Vorgaben des Gesetzgebers kaum beachtet und nicht verbessert. Die Arbeit zeigt, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Zukünftig muss gewährleistet werden, dass die Textabschnitte der Berichte für den Adressaten lesbar und nachvollziehbar formuliert werden. Um mehr kundenorientierte Transparenz im Gesundheitswesen zu erzeugen, müssen Patienten ohne Hindernisse verstehen können, was die Krankenhäuser über sich schreiben. Zu diesem Zweck sollen im weiteren Verlauf der Forschungsarbeit in Zusammenarbeit mit Patienten und niedergelassenen Allgemeinmedizinern konkrete Ansätze und Vorschläge für die Erstellung künftiger Berichtstexte erarbeitet werden.

Abstract

Objective: This paper focuses on the current resolutions for quality reports of German hospitals as released in 2007 as well as on comprehensibility of these reports for patients. It is meant to analyse the textual information given by these quality reports. Its main objective was to attain a reliable assessment of their comprehensibility for patients on the basis of objective measuring methods. A further goal was to qualify eventual differences between large and small or private and public hospital operators. On the basis of the attained results conclusions on the appropriateness of the current legal situation and the existing criteria for quality reports were to be drawn.

Method: The textual system part of 200 German hospital reports was analysed as published in the Internet (latest download 28th May, 2007). The selection took place by means of a controlled sample. The sample structure essentially corresponds to the German hospital system structure in terms of bed numbers and its ratio of public and private operators. The analysis measured all formal text patterns as well as technical terms by means of a computer-aided device. The readability index for each text was calculated according to all known readability formulas for the German language.

Results: German hospital quality reports are readable only for those patients who dispose of above-average communicative skills. The analysed reports contain more than 10% technical terms while 17% of the chosen words and 60% of all sentences are too long. 10% of all sentences are too complex and 25% comprise more than three technical terms. To understand these texts at least an entrance qualification for higher education is required in accordance to readability indices. The texts’ degree of complexity is comparable to that of philosophical papers. Most textual information given by German hospital quality reports is proven to be unreadable and incomprehensible for most patients. There are no fundamental differences concerning hospital size and operator.

Conclusions: The reports’ readability and comprehensibility for patients have only scarcely been considered in the current legal resolutions, and there is no undergoing process of improvement. The analysis has shown that there is in fact an urgent need for action. Future reports should therefore ensure that their textual content is formulated in a readable and comprehensible recipient-friendly manner. To enhance customer-oriented transparency within the German public health service patients should be able to fully understand what hospitals want to communicate. Therefore the further process of research will focus on the development of specific criteria for the production of textual reports. This has to be done in co-operation with patients and resident general practitioners.

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Korrespondenzadresse

J. Friedemann

Universität Witten/Herdecke

Fakultät für Medizin

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