Ultraschall Med 2008; 29 - V85
DOI: 10.1055/s-0028-1085819

Ist die invasive pränatale Diagnostik aus Altersindikation noch aktuell?

C Lattrich 1, A Böhringer 1, S Hottner 1, O Ortmann 1, U Gembruch 2, U Germer 1
  • 1Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universität Regensburg, DE Regensburg
  • 2Universitätsfrauenklinik Bonn, DE Bonn

Frage: Wandeln sich die Indikationen zur invasiven Diagnostik an einem Zentrum für Pränatalmedizin?

Methode: In die Studie wurden alle Schwangeren eingeschlossen, die sich 1993–2003 einer invasiven pränatalen Diagnostik in der UFK Lübeck unterzogen. Die Indikation zur Punktion und biometrische Daten der Feten wurden prospektiv in der PIA Datenbank (GE Healthcare) erfasst. Die Indikationen wurden definiert als maternales Alter >34 Jahre, Nachweis sonografischer Auffälligkeiten, auffälliger Triple-Test oder sonstige Indikationen.

Ergebnisse: Insgesamt erfolgten 7533 Punktionen bei 7258 (96,4%) Einlingen und 275 (3,6%) Mehrlingen, darunter 5335 (71,2%) Amniozentesen, 1654 (22,1%) Chorionzottenbiopsien, 436 (5,8%) Fetalblutentnahmen sowie 108 Punktionen mit therapeutischer Indikation.

Die Anzahl der jährlichen Punktionen stieg von 407 (1993) auf ein Maximum von 857 (1996) und sank auf 417 im Jahr 2003. Der Anteil der über 34-jährigen Patientinnen stieg im Untersuchungszeitraum um 9,7% von 47,8% (1993) auf 57,5% (2003). Der Anteil der Feten mit sonografischen Anomalien stieg um 11,2% von 23,9% (1997) auf 35,1% (1999) und blieb seitdem konstant mit 34,8% (2003). Die Anzahl der Punktionen aufgrund sonstiger Indikationen sank von 19,9% (1997) auf 14,5% (2003). Im Verlauf der untersuchten Dekade stieg die Aneuploidierate signifikant von 4,0% (1993) auf 6,3% (2003).

Schlussfolgerung: Diese longitudinale Untersuchung zeigt Veränderungen bei Anzahl und den Indikationen zur invasiven Diagnostik an einem tertiären Zentrum für Pränatalmedizin. Über den langen Untersuchungszeitraum von 10 Jahren ging die Zahl der Punktionen aus Altersindikation um ein Drittel zurück. Noch deutlicher reduzierte sich die Zahl der Punktionen aufgrund eines auffälligen Triple-Tests. Ursache für diese Entwicklung ist vermutlich der Rückgang der Punktionen zugunsten nicht invasiver Screeningmethoden wie dem Nackentransparenz-Screening oder der sogenannten genetischen Sonografie. Das steigende Durchschnittsalter der Schwangeren mit konsekutiv höherer Inzidenz fetaler Trisomien und die Selektion von Feten mit sonografisch nachgewiesenen Anomalien erklären den Anstieg der Aneuploidierate in dem untersuchten Kollektiv.

Keywords: Amniocentese, Chorionzottenbiopsie, NT-Screening, Triple-Test, Altersindikation