Psychiatr Prax 2025; 52(03): 125-128
DOI: 10.1055/a-2517-2641
Editorial

Psychiatrische Begriffe im Wandel – Warum eine Umbenennung der Schizophrenie im 21. Jahrhundert nötig ist

Changing Psychiatric Terms – Why Schizophrenia Needs to be Renamed in the 21st Century
Kerem Böge
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin
2   Deutsches Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG), Standort Berlin/Potsdam
3   Department für Psychologie, Medizinische Hochschule Brandenburg, Neuruppin
,
Jens Jüttner
4   Freie Autoren
,
Dennis Stratmann
4   Freie Autoren
,
Stefan Leucht
5   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Technische Universität München
6   Deutsches Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG), Standort München/Augsburg
,
Steffen Moritz
7   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum, Hamburg-Eppendorf
,
Georg Schomerus
8   Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Leipzig
,
Stefan Klingberg
9   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Tübingen
10   Deutsches Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG), Standort Tübingen
,
Alkomiet Hasan
6   Deutsches Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG), Standort München/Augsburg
11   Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Universität Augsburg
,
Tania Lincoln
12   Arbeitsbereichs Klinische Psychologie und Psychotherapie, Universität Hamburg
,
Malek Bajbouj
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin
2   Deutsches Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG), Standort Berlin/Potsdam
,
Peter Falkai
6   Deutsches Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG), Standort München/Augsburg
13   Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
Eric Hahn
1   Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin
2   Deutsches Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG), Standort Berlin/Potsdam
› Author Affiliations

Der Krankheitsbegriff “Schizophrenie”, abgeleitet aus den altgriechischen Wörtern schizein („spalten, zersplittern“) und phrēn („Geist, Seele“), geht auf den Schweizer Psychiater Eugen Bleuler (1911) zurück, der genaugenommen bereits den Plural Schizophrenien vorschlug. Im Vergleich zu dem zuvor von Emil Kraepelin (1896) verwendeten Begriff „Dementia praecox“, der seinerseits auf den französischen Psychiater Bénédict Augustin Morel (1860) zurückgeht, war Bleulers Begriff eine inklusivere Weiterentwicklung. So wäre auch Kraepelins “Dementia praecox”, ein lateinisch verschleierter Ausdruck für “vorzeitige Verblödung”, von psycho-erfahrenen Personen abgelehnt worden. Im Verlauf korrigierte auch Kraepelin, ab der siebten Auflage seines Psychiatrie Werkes, seine frühere Auffassung, dass eine Remission selten und ein chronischer Verlaufstyp die Regel sei und damit eine zentrale Annahme seines Dementia praecox Konzepts. Der auf Kraepelin folgende Vorschlag Bleulers “Dementia praecox oder Gruppe der Schizophrenien” legte nun einen stärkeren Fokus auf Psychopathologie, wie formale Denkstörungen, und verwies bereits auf teils passagere auftretende Kernphänomene gestörter Integrationsprozesse im Denken, Wahrnehmen und Zuschreibungen. Der später klinisch oft im Singular verwendete Krankheitsbegriff der Schizophrenie verengte jedoch den klinischen Blick auf das heterogene Spektrum primärer psychotischer Störungen (ICD-11).



Publication History

Article published online:
11 April 2025

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